Harry Potter und der Feuerkelch - Rowling Joanne Kathleen - Страница 105
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Das Wasser war so kalt, da? die Haut auf seinen Beinen brannte, als wurde er durch ein Feuer und nicht durch eisiges Wasser gehen. Sein durchweichter Umhang hing ihm immer schwerer von den Schultern, wahrend er tiefer hineinwatete. Das Wasser stand ihm uber den Knien und seine rasch ertaubenden Fu?e rutschten uber Schlick und flache, glitschige Steine. Er kaute das Dianthuskraut, so kraftvoll und schnell er konnte; es fuhlte sich unangenehm schleimig und gummiartig an wie die Greifarme eines Tintenfischs. Hufthoch im eisigen Wasser hielt er inne, schluckte und wartete darauf, da? etwas passierte.
Er konnte Gelachter aus dem Publikum horen und wu?te, da? er bescheuert aussehen mu?te, wie er da im See herumtapste ohne auch nur ein Anzeichen fur magische Krafte. Was noch trocken an ihm war, war Gansehaut, und bis zur Brust im kalten Wasser stehend blies nun auch noch eine grausame Brise durch sein Haar, und es begann ihn vor Kalte heftig zu schutteln. Er mied den Blick hinuber zu den Tribunen; das Gelachter wurde lauter und die Slytherins begannen zu buhen und zu hohnen…
Dann, ganz plotzlich, fuhlte sich Harry, als wurde ihm ein unsichtbares Kissen auf Mund und Nase gedruckt. Er versuchte Luft zu holen, doch es drehte sich alles in seinem Kopf; seine Lungen waren leer und er spurte plotzlich einen stechenden Schmerz zu beiden Seiten seines Halses -
Harry klammerte die Hande um den Hals und spurte zwei gro?e, gelippte Schlitze gleich unter den Ohren, die in der kalten Luft flatterten… er hatte Kiemen. Ohne weiter nachzudenken, tat er das Einzige, was Sinn hatte – er warf sich bauchlings ins Wasser.
Der erste Zug eisigen Wassers kam ihm vor wie das lebensrettende Atemholen. Der Wirbel in seinem Kopf legte sich; er nahm einen weiteren kraftigen Zug Wasser und spurte, wie es sanft durch seine Kiemen flo? und Sauerstoff in sein Gehirn schickte. Er streckte die Hande vor sich aus und betrachtete sie. Unter Wasser wirkten sie gespenstisch grun und zwischen den Fingern hatten sich Schwimmhautchen gebildet. Er neigte den Kopf nach unten und musterte seine nackten Fu?e – sie waren langer geworden, und auch zwischen seinen Zehen waren nun Schwimmhautchen; es sah aus, als waren ihm Flossen gewachsen.
Das Wasser schien ihm nun auch nicht mehr eisig… im Gegenteil, er fuhlte sich angenehm, kuhl und sehr leicht. Harry machte noch einen Schwimmzug und freute sich, wie schnell und weit seine Flossenfu?e ihn durchs Wasser trieben, freute sich, wie klar er jetzt sehen konnte und da? er nicht mehr zu blinzeln brauchte. Bald war er so weit in den See hineingeschwommen, da? er den Grund nicht mehr sehen konnte. Er senkte den Kopf und stie? sich hinunter in die Tiefen.
Stille druckte auf seine Ohren, wahrend er uber eine fremde, dunkle, neblige Landschaft schwebte. Er hatte nur drei Meter Sicht, und wahrend er rasch durchs Wasser glitt, tauchten plotzlich immer neue Landschaften aus der Dunkelheit auf: Walder aus wimmelndem schwarzem Tang, weite, mit matt schimmernden Steinen ubersate Schlickebenen. Tiefer hinunter schwamm er, und weit hinaus in die Mitte des Sees, mit aufgerissenen Augen durch das schauerlich graue Licht starrend, auf die Schatten um ihn her, die er nicht durchdringen konnte.
Kleine Fische flitzten an ihm vorbei wie Silberpfeile. Das eine oder andere Mal glaubte er etwas Gro?es vor sich zu erkennen, doch wenn er naher kam, entdeckte er, da? es nur ein dicker, geschwarzter Baumstamm war oder ein dichtes Tanggeflecht. Von den anderen Champions, von Wassermenschen, von Ron war keine Spur zu entdecken – und glucklicherweise auch nicht von dem Riesenkraken.
Hellgruner Tang erstreckte sich vor ihm, so weit sein Blick reichte, meterhoch, wie eine wild verwucherte Wiese. Harry spahte ohne zu blinzeln in die Tiefen und versuchte in dem dusteren Licht Gestalten zu erkennen… und dann, ohne Vorwarnung, packte ihn etwas am Knochel.
Harry wirbelte herum und sah einen Grindeloh, einen kleinen, gehornten Wasserdamon, den Kopf aus dem Tang strecken, die langen Finger fest um Harrys Bein geklammert und die spitzen Vorderzahne gebleckt – rasch steckte Harry seine mit Schwimmhautchen bewachsene Hand in die Tasche und tastete nach seinem Zauberstab – aber bis er ihn in den Fingern hatte, waren zwei weitere Grindelohs aus dem Tang aufgetaucht, hatten sich an seinem Umhang festgeklammert und versuchten ihn in die Tiefe zu ziehen.
»Relaschio!«, rief Harry, doch kein Laut kam aus seinem Mund… nur eine gro?e Blase, und sein Zauberstab scho? auch keinen Funkenstrom gegen die Grindelohs, sondern einen Strahl offenbar kochend hei?en Wassers, denn da, wo er sie traf, flammten rote Flecken auf ihrer grunen Haut auf. Harry entwand sein Bein dem Griff der Grindelohs und schwamm, so schnell er konnte, davon; hin und wieder jagte er einen weiteren hei?en Wasserstrahl blindlings uber die Schultern, denn ihm war, als ob ein Grindeloh noch immer nach seinem Fu? schnappte. Dann stie? er heftig nach hinten aus, und endlich spurte er, wie sein Fu? einen gehornten Schadel traf, und als er einen Blick zuruckwarf, sah er den benommenen Grindeloh mit schielendem Blick davontreiben, wahrend seine Mitdamonen wutend die Faust gegen ihn reckten und sich in ihren Tang zurucksinken lie?en.
Harry ging es nun ein wenig langsamer an, steckte den Zauberstab in den Umhang und blickte lauschend umher, wahrend er einen gro?en Kreis im Wasser schwamm. Die Stille lastete nun noch schwerer auf seinen Trommelfellen. Er wu?te, da? er tief unten im See sein mu?te, doch nichts au?er dem wimmelnden Tang bewegte sich.»Wie kommst du so voran?«
Harry war einem Herzanfall nahe. Er wirbelte herum und sah die Maulende Myrte im nebligen Licht vor sich schwimmen und ihn durch ihre dicke Perlmuttbrille anstarren.
»Myrte!«, versuchte Harry zu rufen, doch wiederum kam nichts als eine gro?e Blase aus seinem Mund. Doch der Maulenden Myrte gelang es zu kichern.
»Vielleicht probierst du es mal dort druben!«, sagte sie und deutete ins Trube.»Ich komm nicht mit… ich mag sie nicht besonders, sie jagen mich immer, wenn ich ihnen zu nahe komme…«
Harry bedankte sich mit nach oben gerecktem Daumen und schwamm erneut los, darauf bedacht, etwas hoher uber dem Tang zu bleiben, um den Grindelohs, die vielleicht noch auf ihn lauerten, zu entgehen.
Er schwamm, wie es ihm vorkam, mindestens zwanzig Minuten lang. Weite Ebenen schwarzen Schlamms, von seinen Flossen trub aufgewirbelt, zogen unter ihm hinweg. Dann endlich horte er einen Fetzen jenes Wassermenschenliedes, das er nicht mehr vergessen wurde:
»In einer Stunde mu?t du es finden
und es uns dann auch wieder entwinden…«
Nach ein paar raschen Zugen sah Harry vor sich einen gro?en Fels aus dem truben Wasser auftauchen. Auf den Stein waren Wassermenschen gemalt; sie trugen Speere und waren offenbar auf der Jagd nach Riesenkraken. Harry schwamm weiter, am Fels vorbei, und folgte dem Wassermenschenlied.
»… die Zeit ist halb um, so zaudre nicht,
sonst sieht, was du suchst, nie mehr das Licht.«
Aus der Dunkelheit ragten plotzlich einige primitive und mit Algen bewachsene steinerne Behausungen ins trube Licht. Durch die dunklen Fenster sah Harry hie und da ein paar Gesichter… Gesichter, die nicht entfernt der Nixe auf jenem Badezimmergemalde ahnelten…
Die Wassermenschen hatten grauliche Haut und langes, wildes, dunkelgrunes Haar. Ihre Augen waren gelb, wie ihre splittrigen Zahne, und sie trugen dicke Perlenschnure um den Hals. Mit scheelen Blicken verfolgten sie grinsend, wie Harry vorbeischwamm; einige wenige kamen aus ihren Hohlen, um ihn besser betrachten zu konnen; sie trugen Speere in den Handen und durchpeitschten das Wasser mit ihren kraftigen silbernen Schwanzflossen.
Harry schwamm rasch weiter, spahte umher und sah bald noch weitere Behausungen auftauchen; um. manche davon waren Tanggarten angelegt, und vor einer Tur, an einem Pfahl angeleint, sah er sogar einen Hausgrindeloh. Von allen Seiten erschienen jetzt Wassermenschen und betrachteten ihn neugierig, deuteten auf seine Flossenhande und Kiemen und tuschelten hinter vorgehaltenen Handen miteinander. Schnell bog Harry um einen Felsen, doch dahinter tat sich ein sonderbares Schauspiel vor ihm auf. Eine ganze Schar Wassermenschen schwebte vor einer Hauserreihe, die eine Art Dorfplatz bildete, nur da? dieser Platz unter Wasser errichtet war. Ein Wassermenschenchor in der Mitte des Platzes sang jenes Lied, das die Champions anlocken sollte, und hinter dem Chor ragte eine Statue auf: ein gigantischer Wassermensch, mit groben Schlagen aus einem machtigen Gerollblock gehauen. An die Schwanzflosse des steinernen Wassermenschen waren vier Menschen gefesselt.
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