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Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander - Страница 56


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Keen sah ihn lacheln und wunderte sich. Wie hielt er das nur durch? Er war fanatisch, unbeirrbar, aber das wurde ihn auch nicht vorm Kriegsgericht retten.

«Wie geht's dem Jungen? Es war Midshipman Estridge, nicht wahr?»

«Ein glatter Bruch, Sir. Die anderen Verletzten machen Tuson mehr Kummer.»

An einem Neunpfunder arbeitete ein Seemann, der Bo-litho schon aufgefallen war. Er war bis zur Taille nackt, aber nicht aus Angabe, sondern um seine Kleider trocken zu halten. Sein Rucken war von den Schultern bis zum Gurtel mit Narben bedeckt, die den Spuren einer riesigen Kralle glichen. Der Anblick erinnerte Bolitho an Zenoria und das Schicksal, vor dem Keen sie bewahrt hatte.

Doch als Keen jetzt lachte, drehte sich der Matrose um und schaute ihn an. Bolitho hatte kaum jemals einen so ha?erfullten Blick gesehen.

Auch Keen bemerkte ihn und sagte zornig:»Vor jeder Auspeitschung lese ich die Kriegsartikel vor. Verfa?t habe ich die verdammten Paragraphen aber nicht!»

Bolitho fiel erst jetzt auf, da? an den Niedergangen Seesoldaten postiert waren. Keen ging kein Risiko ein. Es war besser, Zwischenfallen vorzubeugen, statt sie zu ahnden.

«Ich gehe nach unten«, sagte Bolitho fest.»Wenn ich mich geirrt habe. «Er zuckte die Achseln.»Dann werden sich manche die Hande reiben. Hoffentlich lassen sie wenigstens meine Familie in Frieden.»

Keen sah ihn mit langen Schritten auf die Leiter zugehen und spurte das Mitleid wie einen Stich, als Bolitho sich an einer Klampe des Besanmastes den Arm stie?.

Paget trat leise neben ihn.»Darf ich fragen, wie Sie unsere Chancen einschatzen, Sir?»

Keen warf ihm einen Blick zu.»Fragen Sie mich das, wenn wir Jobert auf eine Leekuste getrieben haben.»

Beide fuhren herum, als sie unter der Kimm ein Donnergrollen horten.»Doch nicht auch noch ein Gewitter?«rief Paget angstlich.

Keen schaute an ihm vorbei. Bolitho, der jetzt seinen alten Degen trug, kehrte aufs Poopdeck zuruck, gefolgt von Allday. Er schaute sie an.»Diesmal ist es kein Donner.»

Der Ausguck rief unglaubig:»Kanonenfeuer, Sir! Im Suden!»

Keen starrte ihn an. Wie hatte er das vorhergesehen? Noch vor wenigen Augenblicken mu?te er sich geschlagen gefuhlt haben. Nun wirkte er sonderbar gelassen. Seine Stimme klang gleichmutig, als er sagte:»Signal ans Geschwader, Mr. Sheaffe: Mehr Segel setzen.»

Die Flaggen wurden hastig hochgezogen, und Bolitho verschrankte die Hande auf dem Rucken, damit sie nicht zitterten.

«Bestatigt, Sir!«Stayt erschien lautlos wie eine Katze.

Das ferne Grummeln rollte ubers Wasser heran, seine Ursache lag aber noch weit hinterm Horizont.»Ins Gefecht kommen wir erst morgen vor Sonnenaufgang«, sagte Bo-litho. Dabei mu?te er einkalkulieren, da? der Sturm die Schiffe nach Einbruch der Dunkelheit zerstreute. Benbow konnte es leicht mit nordafrikanischen Freibeutern oder Korsaren aufnehmen, hatte aber gegen Joberts Geschwader keine Chance. Er neigte den Kopf, als es wieder donnerte. Nur wenige Schiffe, vielleicht zwei. Was konnte das bedeuten?

«Signal ans Geschwader: Klar zum Gefecht. Die Manner sollen heute nacht bei ihren Kanonen schlafen.»

Als er den Knauf des alten Degens beruhrte, durchlief ihn ein Schauer. Es kam ihm wie gestern vor, da? er mit Adam in Portsmouth zum Hafen gegangen war. Damals hatte er sich umgedreht, als suche er etwas. Vielleicht hatte er gewu?t, da? er die Stadt zum letzten Mal sah.

XVI Hei?t Gefechtsflagge!

Konteradmiral Thomas Herrick stand in Luv an den Netzen und sah zu, wie die Matrosen der Benbow an den Brassen hievten, um die Rahen zu trimmen, an denen die gerefften Marssegel ausgeschuttelt worden waren.

Bei dem launischen Wind schien alles eine Ewigkeit zu dauern; Segelmanover hatten den ganzen Tag in Anspruch genommen und ihre Krafte erschopft. Nun lag endlich die Sudspitze Sardiniens funfzig Meilen an Steuerbord achteraus. An Backbord hatten sie in vergleichbarer Entfernung Afrika.

In Lee der Benbow rollten die zwei schweren Handels — schiffe Governor und Prince Henry. Uber den Wert ihrer Ladung konnte Herrick nur Vermutungen anstellen. Wieder einmal dachte er an Bolithos Gesicht in der Kajute seines Schiffes, das einmal so stolz seine Flagge gefuhrt hatte. Er konnte die Bitterkeit in seiner Stimme, die rucksichtslose Verachtung, mit der er den ganzen Ausschu? zum Teufel gewunscht hatte, nicht vergessen.

Ein seltsamer Zufall, da? Admiral Sir Marcus Laforey beschlossen hatte, ausgerechnet auf der Benbow nach England zuruckzukehren. Die Geschafte auf Malta hatte er seinem Flaggkapitan uberlassen, doch angesichts seiner E?-und Trinkgewohnheiten war es unwahrscheinlich, da? er jemals dorthin zuruckkehren wurde.

Herrick horte, wie sich Kapitan Dewar mit dem Sailing Master unterhielt, und seufzte. Es war Zeit, da? er sich mit seinem Flaggkapitan aussprach, denn Dewar war ein vorzuglicher, gewissenhafter Offizier. Herrick gab sich selbst die Schuld fur die Verstimmung zwischen ihnen. Seit der Verhandlung war er miserabler Laune gewesen.

Er spurte Gischt im Gesicht und spahte nach Steuerbord voraus, wo seine einzige Fregatte taumelnd wie ein Schiff in Seenot erneut wendete, um sich in Luv von ihnen zu halten. Es war die Philomel mit sechsundzwanzig Kanonen, die in Malta eigentlich fur eine dringend notwendige Uberholung vorgesehen war. Doch die bedenkliche Nachricht von Joberts Beutezug war dazwischengekommen.

Herrick verschrankte die Hande auf dem Rucken und dachte an Inch, auch einen langjahrigen Freund. Lebte er noch? Kaum vorstellbar, da? er vor den Franzosen die Flagge gestrichen hatte.

Kapitan Dewar trat zu ihm.»Sollen wir fur die Nacht beidrehen, Sir?»

Herrick schuttelte den Kopf. Wieder hob sich das Deck unter ihm, und seine stammigen Beine glichen die Bewegung gewohnheitsma?ig aus. Anders als Bolitho ging er nur selten auf und ab. Er stand lieber fest und spurte sein Schiff, war schon vor langer Zeit zu dem Schlu? gekommen, da? er so besser denken konnte.

«Nein, wir brauchen mehr Seeraum. Die Handelsschiffe sollen Laternen setzen, damit wir die Formation halten konnen. Philomel wird allein zurechtkommen mussen.»

Dewar schatzte die Lage ab wie ein Jager, der vor dem ersten Schu? einen Finger in den Wind halt.»Glauben Sie, da? Vizeadmiral Bolitho auf Jobert gesto?en ist, Sir?»

«Falls nicht, steht er zumindest zwischen uns und dem Feind. «Plotzlich mu?te Herrick an die achthundert Meilen denken, die noch vor ihnen lagen, ehe sie unter den Kanonen von Gibraltar vor Anker gehen konnten. Dort bekamen sie wenigstens eine Atempause und vielleicht eine weitere Eskorte.»Unser Dick schafft es bestimmt«, fugte er hinzu.

Dewar musterte ihn neugierig, schwieg aber. Anscheinend vertrugen sich die beiden wieder.

Gerade als Herrick erwog, sich in seine Kajute zuruckzuziehen, wo Laforey seine Gicht mit Alkohol betaubte, rief der Ausguck:»Geschutzfeuer im Westen!»

Der Schall mu?te ihn auf seinem hohen Sitz rascher erreicht haben, denn Herrick horte erst jetzt das ferne Krachen von Kanonen und den vereinzelten Knall leichterer Waffen. Plotzlich wurde sein Kopf so klar, als habe er ihn in Eis wasser getaucht.

«Klar zum Gefecht, Kapitan Dewar. Und Signal an Geleitzug: aufschlie?en. «Als die Pfeifen schrillten und die sechshundert Matrosen und Seesoldaten der Benbow alles stehen und liegen lie?en, um hastig dem Signal der Trommeln zu folgen, fluchte Herrick lautlos in sich hinein: Sonne und Wind — alles war gegen sie. Trotzdem zwang er sich, eine Zuversicht zu zeigen, die er nicht empfand. Auf wen wurde da geschossen? Die Detonationen waren noch weit entfernt, aber der Wind trug ihre dustere Botschaft zu ihnen.

«Philomel soll erkunden, was dort vorgeht. «Nervos verschrankte Herrick die Finger auf dem Rucken. Die kleine Fregatte konnte kehrtmachen und rechtzeitig mit dem Wind fliehen, wenn sie in Gefahr geriet. Schade nur, da? er ihren Kommandant nicht naher kannte. Er hatte lediglich herausgefunden, da? er Saunders hie?. Herrick schritt zur anderen Seite und sah das ihnen fernerstehende Handelsschiff die Bramsegel setzten, um naher aufzuschlie?en. Mein Gott, sie sehen aus wie schlachtreifes Mastvieh, dachte Herrick deprimiert. Dann horte er, wie der Erste Offizier die Mannschaft zu besonderer Anstrengung anspornte. Jedem Mann war bewu?t, da? sie zwei Admirale an Bord hatten.

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