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Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander - Страница 38


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Der Seesoldat vor der Tur storte ihn auf.»Midshipman der Wache, Sir!»

Mude wandte sich Herrick dem eintretenden Kadetten zu.»Was gibt's, Mr. Stirling?»

Der Junge war knapp vierzehn, hatte sich aber nach den ersten schwierigen Wochen auf der Benbow, seinem ersten Schiff, prachtig eingelebt. Seine Jugend und Gesundheit isolierten ihn wie Schutzschichten vor dem Drama, das sich rund um ihn abspielte.

«Empfehlung des Ersten Offiziers, Sir, und der Horizont wird schon heller.»

Hastig schweifte sein Blick durch die geraumige Kajute, die im Vergleich zur Fahnrichsmesse unten im Orlopdeck ein Palast war. Wenn er sich alles gut merkte, konnte er es im nachsten Brief seinen Eltern erzahlen oder — gleich nachher — seinen Kameraden wahrend der Freiwache.

Herrick ware das Kinn vor Erschopfung um ein Haar auf die Brust gesunken.»Und der Wind?«blaffte er.

Der Junge schluckte krampfhaft.»Stetig aus Ost, Sir. Der Master glaubt, da? er jetzt bald nachlassen wird.»

«So, glaubt er das?«Herrick streckte sich gahnend.»Meistens behalt er ja recht.»

Er merkte, da? der Midshipman den glanzenden Prunksabel an der Wand anstarrte. Das erinnerte ihn an die Zeit, als Neale auf der alten Phalarope Midshipman gewesen war, an Adam Pascoe, der sich nach einem eigenen Schiff verzehrte, jetzt aber um seinen geliebten Onkel trauerte — und an die Dutzende, ja Hunderte junger Offiziersanwarter, die er im Lauf der Jahre hatte kommen und gehen sehen. Einige hatten inzwischen Kapitansrang erreicht, andere den Dienst quittiert, um ihr Gluck anderswo zu suchen. Und viele von ihnen waren nicht einmal so alt geworden wie der junge Stirling hier.

Freundlich sagte Herrick:»Nehmen Sie den Sabel ruhig herunter und sehen Sie ihn sich an.»

Der Junge ging in seinem salz- und teerverkrusteten Bootsrock unter den aufmerksamen Blicken Herricks und Ozzards zur Wand hinuber, nahm den Sabel vorsichtig ab und drehte ihn langsam unter dem Licht der Lampe hin und her, um die eingravierten Worte und Verzierungen zu studieren.

Ehrfurchtig sagte er:»Ich wu?te gar nicht, Sir — ich meine…«Mit glanzenden Augen wandte er sich um.»Er mu? ein gro?artiger Offizier gewesen sein, Sir.»

Herrick fuhr auf.»Gewesen sein?«Bei seinem Ton zuckte der Junge so erschreckt zusammen, da? er gema?igter fortfuhr:»Ja, Mr. Stirling, das war er. Mehr noch: ein gro?artiger Mann.»

Sorgsam hangte der Midshipman den Sabel zuruck an die Wand.»Tut mir leid, Sir, ich wollte Sie nicht kranken.»

«Das haben Sie auch nicht getan, Mr. Stirling. Ich hoffte auf das Unmogliche und verga?, da? es keine Wunder mehr gibt.»

«Ich — ich verstehe, Sir.»

Stirling zog sich zur Tur zuruck, fest entschlossen, kein Detail in diesem Raum, kein Wort dieses Gesprachs mit dem Kommodore jemals zu vergessen.

Herrick sah ihm nach. Junge, du verstehst noch nicht die Halfte, dachte er. Aber eines Tages, wenn du Gluck hast und uberlebst, wirst du mich wirklich begreifen.

Kurz darauf entfiel das Glas seinen erschlaffenden Fingern und zerschellte auf dem Boden Ozzard, der den Schlafenden nicht aus den Augen gelassen hatte, buckte sich nach den Scherben. Doch dann richtete er sich unvermittelt wieder auf und zog eine verachtliche Grimasse. Sollte doch der Steward des Kommodore die Bescherung wegraumen, dachte er. Er warf einen Blick zur Kombusentur und verbannte Herricks Worte aus seinem Gedachtnis. Was Bolitho betraf, irrte sich der Kommodore. Alle irrten sich.

Ozzard schlich in die Kombuse und setzte sich in eine Ecke, horte das Schiff um sich herum in allen Verbanden achzen. Nein, er war Konteradmiral Bolithos Steward, niemandes sonst, und wurde hier warten, bis er zuruckkehrte. Basta!

Herrick eilte quer ubers Achterdeck und spahte, von der Gischt fast geblendet, zu Wolfes hoher Gestalt bei den Finknetzen hinuber.

«Da, Sir!«rief Wolfe ihm entgegen.»Horen Sie?»

Herrick befeuchtete sich die Lippen und ignorierte die Neugier der Umstehenden. Ja, da war es wieder. Nun bestand kein Zweifel mehr.

«Kanonenfeuer«, sagte er heiser.

Wolfe nickte.»Leichte Schiffsartillerie, Sir. Wahrscheinlich Ganymede im Gefecht mit einem Fahrzeug ahnlicher Gro?e.»

Herrick stapfte das schrage Deck nach Luv hinauf und spahte angestrengt uber die wei?mahnigen Wellenkamme in das erste schwache Grau des Morgens.

«Na, Mr. Grubb?»

Der Master schurzte die Lippen, nickte aber.»Die Peilung stimmt, Sir. Unwahrscheinlich, da? sich ein anderes englisches Kriegsschiff hier aufhalt.»

Wutend wie ein Tier in der Falle fixierte Herrick die wogende Wasserwuste.»Ist inzwischen eines unserer Schiffe wieder in Sicht gekommen?»

«Ich habe die Ausguckposten schon vergattert, Sir«, berichtete Wolfe.»Aber noch gibt es nichts zu melden.»

Wieder horte Herrick das ferne Krachen, das wie Donner mit dem Wind heranrollte. Ja, das waren zwei Schiffe. Trotz des Sturms im Gefecht miteinander, weil sie sich wahrscheinlich rein zufallig begegnet waren.

«Irgendwelche Befehle, Sir?«erkundigte sich Wolfe.

«Bis wir Nicator sichten, bleiben wir beigedreht liegen, Mr. Wolfe. «Er wandte den Blick ab.»Andererseits aber…»

Wolfe verzog das Gesicht.»Stimmt, Sir, das ist ein gro?es Aber.»

Herrick kniff die Augen zusammen, als konne er dann die Umrisse der franzosischen Kuste eher erkennen. Es wurde eine halbe Ewigkeit dauern, gegen diesen Oststurm anzukreuzen. Aber andererseits konnte Ganymede bereits in einer verzweifelten Lage sein und dringend Hilfe benotigen. Wenn sie mit dem ersten Tageslicht die Mastspitzen der Benbow uber die Kimm steigen sahen, mochte ihnen das frischen Mut geben und ihren Gegner verunsichern.

Kapitan Keen auf Nicator wurde auch allein zurechtkommen. Sobald er erkannte, da? der Konvoi versprengt worden war, wurde er sich mit seinem Linienschiff auf die Suche machen und seine verirrten Schutzlinge wieder zusammentreiben.

Aber angenommen, Keen konnte nicht alle aufspuren, und das eine oder andere Handelsschiff mu?te sich ohne Begleitschutz nach Gibraltar durchschlagen? Herrick gab sich keinen Illusionen hin. In diesem Fall konnte er die Bestatigung seines Kommodoreranges sofort vergessen, und auch jede kunftige Beforderung wurde nur noch in Dulcies Traumen existieren.

Sein Blick wanderte von Wolfe zu Grubbs klobiger Gestalt und dann zu dem junge Midshipman namens Stirling, der mit seiner Bewunderung fur Bolithos Prunksabel ahnungslos einen wunden Punkt beruhrt hatte. Dann glitt sein Blick nach vorn, uber die ganze Lange des Schiffes hinweg. Seine Benbow. Wenn er sich entschlo?, setzte er zweifellos auch sie aufs Spiel.

Wolfe starrte Herrick schweigend an; er ahnte, da? der Kommandant eine fur sie alle wichtige Entscheidung traf.

Aber Grubb, der alte Salzwasserbuckel, der seinerzeit unbeirrt ein Lied gepfiffen hatte, als Lysander in die Schlacht gesegelt und rundum die Holle losgebrochen war, der alte Grubb verstand.

Er brummte:»Wenn wir uber Stag gehen, Sir, und auf Backbordbug…»

Herrick fuhr herum und starrte Grubb an. Hatte er sich erst einmal entschieden, war der Rest einfach.

«Einverstanden. «Und zu seinem hochgewachsenen Ersten Offizier sagte er:»Rufen Sie alle Mann an Deck, Mr. Wolfe. Wir setzen Segel. Lassen Sie aufentern und auch die Bramsegel setzen, bitte. «Er starrte zur Kimm, als der Sturm von querab wieder Kanonendonner herantrug.»Wollen mal nachsehen, was Ganymede da aufgespurt hat.»

Als die Pfeifen schrillten und Seeleute wie Soldaten auf Stationen eilten, wandte Herrick sich ab und schritt nach achtern. Am gro?en Rad blieb er kurz neben Grubb stehen, der seine Ruderganger auf die Kursanderung vorbereitete. Auch der junge Stirling stand da und kritzelte etwas auf eine Schiefertafel, wahrend er darauf wartete, da? ein Schiffsjunge das Stundenglas umstulpte. Der Midshipman hob den Blick, als Herrick herantrat, und lachelte ihn an.

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