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Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander - Страница 56


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Punktlich auf die Minute kam Vizeadmiral Sir Robert Napier das Fallreep der Phalarope herauf und zog den Hut, um die Ehrenbezeigungen entgegenzunehmen. Als das Trillern der Pfeifen verklang und die Ehrenwache der Marinesoldaten prasentierte, schlug der kleine Trommler der Fregatte, begleitet von zwei Pfeifen, dunn aber flott einen Marsch, und nach einem letzten Blick uber das Oberdeck trat Bolitho vor, um den Admiral zu begru?en.

Sir Robert nickte den versammelten Offizieren knapp zu, und wahrend die Seesoldaten ihre Gewehre auf das Deck stie?en, inspizierte er, Rennie und Kapitan Cope von der Cassius in gehorigem Abstand hinter sich, kurz und genau die angetretene Wache.

Aus dem Profil des Admirals versuchte Bolitho die Stimmung seines Gastes zu erkennen und den wahren Grund fur diesen Besuch zu entdecken, aber Sir Robert Napiers verkniffenes Gesicht blieb sphinxgleich und unbewegt, wenn er gelegentlich Fragen abfeuerte oder zu Rennie etwas uber die Haltung der Marinesoldaten bemerkte. Am Ende der Doppelreihe blieb er stehen und musterte das Hauptdeck.»Sie halten Ihr Schiff in Ordnung, Bolitho. «Aus dem trockenen Ton lie? sich nichts heraushoren, weder Lob noch Tadel.

«Danke, Sir. «Bolitho ware lieber mit dem Admiral allein in der gro?en Heckkajute des Flaggschiffs gewesen. Dort hatte er mit allem fertigwerden konnen, was Sir Robert vorbrachte. Unter den jetzigen Umstanden mu?te jede Bemerkung formell und abgewogen sein. Er sah sich unsicher und gereizt um. Nun, was der Admiral auch von der Phalarope dachte, er selber war mit ihrem Aussehen zufrieden. Lange bevor ein Kurier uber die

Aktivitat an Bord des Flaggschiffs berichtet hatte und die Offiziersbarkasse langsseits kam, hatte Bolitho das ganze Schiff inspiziert, um absolut sicher zu sein, da? Sir Robert zumindest am Au?eren nichts auszusetzen fand.

Die Besatzung war angetreten, jedes Auge richtete sich auf die kleine, goldbetre?te Gestalt im Heck der Barkasse. Und jetzt, wahrend der Admiral schweigend und nachdenklich dastand, herrschte eine Atmosphare nervoser Erwartung, die sogar die Pfeifen und die Trommel auf dem Achterdeck nicht verdecken konnten.

«Sie konnen die Manner wegtreten lassen, Bolitho.»

Auf das Signal hin spritzten die Leute vom Hauptdeck, und die Marinesoldaten machten kehrt und verschwanden ebenfalls.

«Ich habe Ihren Bericht gelesen, Bolitho. Er enthalt eine Menge. «Seine kuhlen Augen flogen uber Bolithos Gesicht, in dem sich kein Muskel regte.»Besonders hat mich der Teil uber den Kapitan der Andiron interessiert. «Er bemerkte, da? Bolitho sich versteifte, und fuhr gelassen fort:»Nun, ich wu?te vorher, um wen es sich handelte, aber ich hielt es trotzdem fur das Beste, da? Sie die Aufgabe ubernahmen. «Er zog die Schultern hoch, was ihm unter der schweren Uniform nicht leicht fiel.»Naturlich wu?te ich nicht, da? Sie bereits sein Gefangener waren.»

«Und wenn Sie es gewu?t hatten, Sir?«Bolitho bemuhte sich, keine Erregung mitklingen zu lassen.

«Ich bin mir nicht sicher. Ihr Erster Offizier ist anscheinend in vieler Hinsicht ein fahiger Mann, aber ich furchte, er wird immer zu jenen gehoren, die Befehle brauchen. Ein geborener Untergebener.»

Aus dem Augenwinkel sah Bolitho, wie seine Offiziere Kapitan Cope nach unten geleiteten, und er wartete darauf, da? der Admiral fortfuhr. Er brauchte nicht lange zu warten.

«Die Andiron ist ausgeschaltet. Schon allein ihre Existenz war eine Herausforderung und Beleidigung fur die ganze Flotte. Ich habe meine Ansicht uber die Angelegenheit dem Oberbefehlshaber ubermittelt und zweifle nicht, da? Ihre Verdienste gebuhrende Anerkennung finden werden. «Er blickte Bolitho fest an.»Gleichviel, die Tatsache, da? Ihr Bruder sie einst kommandiert hat und anscheinend noch am Leben ist, mag hier und da als eine Art stillschweigender Ubereinkunft angesehen werden. «Er trat an die Reling und blickte zur Cassius hinuber.»Ich selbst sehe es nicht so, Bolitho. Ich ubertrug Ihnen die Aufgabe nicht trotz, sondern wegen des Kapitans der Andiron. Sie und Ihr Schiff haben sich gut gehalten. Ich habe das auch Sir George Rodney gegenuber betont. «Dann lie? er langsam die Worte folgen:»Doch wenn Ihr Bruder umgekommen ware, ware es fur alle Beteiligten besser gewesen.«»Ich glaube, ich verstehe, Sir.»

«Naturlich verstehen Sie. «Die alte Gereiztheit des Admirals brach durch.»Tot sein, hei?t vergessen sein. Fangen wir ihn, wird ihn nichts retten. Wir werden ihn offentlich vor Gericht stellen und aufknupfen. Und ich denke, Ihnen ist klar, da? solche Schande auf die ganze Familie fallt.»

«Ja, Sir.»

«Nun, genug davon. Sie haben Ihre Befehle ausgefuhrt, so gut Sie konnten. Das mu? fur den Augenblick genugen. Daruber hinaus haben Sie die Absichten des Feindes erkundet. Wenn die Meldung daruber zutrifft, wird das sehr zu Ihren Gunsten sprechen. «Er blickte zu der schwach schlagenden Flagge hinauf und murmelte:»Im Augenblick konnten wir ein bi?chen Gluck gut gebrauchen.»

Sir Robert schwieg, wahrend Bolitho ihn in die Kapitanskajute fuhrte, wo die zehn Offiziere bereits versammelt waren. Sie sa?en so dicht gedrangt um den in ganzer Lange ausgezogenen Tisch, da? keine Stecknadel zu Boden fallen konnte, und Bolitho fragte sich wieder, warum der Admiral sich herbemuht und dem vergleichsweisen Luxus seines eigenen Quartiers zeitweilig den Rucken gekehrt hatte. Die Offiziere erhoben sich und sanken erwartungsvoll auf ihre Stuhle zuruck, nachdem der Admiral und Bolitho sich zum Kopf des Tisches durchgezwangt hatten.

Zum ersten Mal, da? ich mit allen meinen Offizieren esse, ging es Bolitho durch den Sinn. Wahrend Atwell und zwei eiligst abkommandierte Messeordonnanzen aufzutragen begann, sah er von einem zum anderen. Die vertrauten Gesichter wirkten verandert. Alle sahen irgendwie fremd und verlegen aus. Neben seinen Leutnants und Hauptmann Rennie waren auch die drei Fahnriche anwesend. Die Unteroffiziere waren durch Steuermann Proby und den Arzt Tobias Ellice vertreten, die beide, den Blick auf ihre Teller gerichtet, steif und unbehaglich dasa?en.

Der Admiral verhielt sich noch immer formell. Man a? in fast volligem Schweigen. Doch mit den Speisen kam der Wein, ausgeschenkt vom personlichen Steward des Admirals, einem gro?en, hochmutigen Mann in scharlachfarbenem Rock. Zu diesem Zeitpunkt fing Bolitho an, die Absicht des Admirals zu begreifen. Denn zusammen mit der Spannung und der ungewohnt reichhaltigen und ausgezeichneten Mahlzeit tat der Wein bald seine Wirkung. Und als Bolitho bemerkte, da? der Admiral kaum etwas a? und an seinem Wein nur nippte, war ihm alles klar.

Die Stimmen wurden lauter, und indes Sir Robert stumm an Bolithos Seite sa?, fingen die Offiziere an, freier zu reden. Bolitho war sich nicht klar daruber, was er starker empfand, Arger oder Bewunderung. Dem Admiral reichte der nackte Bericht, wie prazise auch immer, nicht aus. Er wollte mit eigenen Ohren horen, was sich abgespielt hatte, und zwar von den Leuten, die ihm bis dahin nur durch Bolithos Feder bekannt gewesen waren. Bolitho spurte, da? seine Anspannung etwas nachlie?. Denn ob nun gut oder bose, gegen die verschlagenen Methoden des Admirals konnte er jetzt nichts mehr ausrichten.

Langsam entfaltete sich die Geschichte. Jede Phase kam zur Sprache und wurde von einem anderen Offizier beleuchtet. Die Attacke auf die Insel Mola und die Einnahme der Batterie. Die zungenfertigen Offiziere sprachen uber den Plan in seiner Gesamtheit, die weniger beredten gaben sich damit zufrieden, die Einzelheiten des Bildes auszumalen. In einigen Beitragen kam auch der Humor zu seinem Recht, etwa in der Geschichte des Steuermannsmaats Parker, der bei dem Angriff auf die Andiron die Jolle befehligt hatte. Die hochgehende See hatte ihn von den anderen Booten getrennt. Nicht nur, da? er zur Phalarope zuruckkehren mu?te, nein, um sein Mi?behagen noch zu steigern, wurde er vom Schiff durch Gewehrfeuer wachsamer Seesoldaten begru?t. Und Humor lag auch in der Geschichte, wie Hauptmann Rennie den Ruckzug von der Insel leitete, den Degen in der einen, eine halbe Geflugelpastete in der anderen Hand.

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