Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander - Страница 60
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«Aber, Sir«, wagte Gossage einzuwenden,»so verlieren sie viel Zeit — und wir auch. «Er blickte sich hilfesuchend um.
Herrick rieb sich die Augen. Er hatte schon so lange nicht mehr gut geschlafen, da? er sich kaum noch an eine Nacht ohne Albtraume erinnern konnte. Dulcie war tot, sie wurde nie wieder in der Tur stehen und ihn begru?en… Scharf befahl er:»Setzen Sie endlich das Signal!«Er trat ans Schanzkleid und spahte nach querab.»Der Schu? eben kam von dort, nicht von der Egret, meine Herren!»
Wieder drohnte ein Knall durch den Dunst. Herrick wurde plotzlich ganz ruhig.»Haben Sie das gehort, Kapitan Gossage? Was sagen Sie jetzt?»
«Tut mir leid, Sir«, sagte dieser leise.
«Man hort nur, was man horen will, auch auf See«, antwortete Herrick.
Leutnant Bowater meldete:»Die Versorger formieren sich zur Kiellinie, Sir.»
Herrick lachelte duster.»Sie riechen die Gefahr! Wahrscheinlich hatte Sir Richard wieder einmal recht. Wir waren nur zu voreingenommen, um ihm richtig zuzuhoren.»
Der Midshipman der Wache rief:»Die Egret hat bestatigt, Sir!»
«Sie soll mehr Segel setzen und den Platz vor dem Flaggschiff einnehmen.»
Eine Stunde schlich dahin, eine zweite. Was hatten diese Schusse in der Mittagshitze bedeutet? fragte sich Herrick. Waren sich da vielleicht nur ein Kaperer und ein Schmuggler begegnet? Er sah nicht hoch, als der Ausguck Land in Lee meldete.
«Eine Stunde noch, schatze ich, dann sind wir im Skagerrak, Sir. «Gossage entspannte sich allmahlich.
«An Deck! Segel an Steuerbord voraus!»
Manner rannten nach rechts, und ein Dutzend Teleskope versuchte, den Dunst uber der spiegelnden See zu durchdringen. Alle atmeten auf, als der Ausguck meldete:»Brigg, Sir. Sie fuhrt unsere Flagge!»
Herrick fa?te sich in Geduld, wahrend die Brigg zum Flaggschiff aufkreuzte. Endlich rief der Signalgast:»Es ist die Larne, Sir, unter Commander Tyacke!»
Herrick versuchte, sich trotz seiner Kopfschmerzen zu erinnern. Tyacke? Larne? Er kannte beide Namen, doch der Zusammenhang fiel ihm nicht ein.
«Lieber Gott, die ist aber zugerichtet!»
Im Glas sah Herrick die Brigg jetzt genauer. In ihrem Vortoppsegel gahnten Locher, und auch ihr Bug war zersplittert.
«Sie la?t kein Boot zu Wasser. Sie will wohl langsseits kommen!»
Herrick bewegte sein Glas und sah den Kommandanten. Er trug die einzelne Epaulette eines Commanders und hatte sich in die Webleinen geschwungen, ein Sprachrohr in der Hand. Aber sein Gesicht! Selbst die Ferne konnte die Entstellung nicht verbergen. Und dann fiel es Herrick wieder ein: Tyacke war mit Bolitho am Kap gewesen. Der Brander, die entflohene franzosische Fregatte — plotzlich wu?te er alles wieder.
«Benbow ahoi!«Herrick senkte das Glas. So war der Commander druben nur eine gesichtslose Gestalt.»Die Franzosen sind durchgebrochen! Ich bin auf zwei Linienschiffe gesto?en und drei weitere!»
Herrick schnippte mit den Fingern, und der Erste Offizier reichte ihm ein Sprachrohr.»Hier Konteradmiral Herrick! Was fur Schiffe genau?«Jedes laute Wort schmerzte in seinem Schadel.
Tyacke antwortete mit klarer Stimme, und Herrick glaubte dabei Gelachter zu horen.»Ich habe nicht gewartet, um das rauszufinden, Sir. Die hatten mich glatt versenkt. «Er drehte sich um und gab ein Kommando. Die Larne fiel daraufhin etwas ab.»Aber eins war ein Linienschiff zweiter Klasse mit vierundneunzig Kanonen. Kein Zweifel, Sir!»
Herrick trat zuruck.»Sagen Sie ihm bitte, er soll dies so schnell er kann an Sir Richard Bolitho melden. Nein, besser gleich an Admiral Gambier.«Uberrascht stellte er fest, da? ihn das alles nicht mehr beruhrte.
Gossage atmete heftig.»Die Brigg setzt wieder Segel. Soll ich dem Konvoi befehlen, sich aufzulosen, Sir?»
«Haben Sie Varian von der Zest vergessen? Der wartet auf ein Kriegsgericht. Man hat schon mal einen englischen Admiral verurteilt und erschossen, weil er einem Angriff ausgewichen ist. Da wurde man auch bei uns nicht zogern!«Er sah Tyackes Brigg nach, die schon vor dem Konvoi kreuzte. Der Mann mit dem entstellten Gesicht wurde morgen auf Gambier oder Bolitho sto?en, aber fur sie war es dann wahrscheinlich zu spat.
Als er wieder sprach, klang es fest und entschieden:»Signal an den Konvoi: mehr Segel setzen, dabei Kurs und Abstand genau einhalten. Stellen Sie sicher, da? jeder Kommandant wei?, wie nahe der Feind ist.»
«Aye, aye, Sir. Und dann?»
Plotzlich fuhlte Herrick sich furchtbar mude. Aber er wu?te, so bald gab es keine Erholung fur ihn.»Dann, Kapitan Gossage, lassen Sie unser Schiff klar zum Gefecht machen.»
Gossage eilte davon. Dabei fiel ihm plotzlich auf, da? er Herrick zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau lacheln gesehen hatte. Er hatte dabei ausgesehen, als habe er nichts mehr zu verlieren.
Kapitan Keen las auf dem Achterdeck seine Uhr ab, indem er sie ans Kompa?licht hielt. Um ihn herum standen nur schattenhafte Gestalten. Druben an Land brullten die Kanonen, eine fur ihn ungewohnte Erfahrung. Die Black Prince lag vor Bug- und Heckanker und hatte jeden Angreifer mit einer Breitseite bestreichen konnen.
Keen spurte gespannte Erwartung um sich herum. Jede Ankertrosse wurde von einem Boot voller Seesoldaten bewacht. Seesoldaten waren auch an der Reling rings um das Deck verteilt und die Drehbassen so tief wie nur moglich auf das schwarze Wasser des gro?en Hafens von Kopenhagen gerichtet.
Der erste Teil des Angriffs war gut gelaufen. Am zwolften August war die Flotte vor Helsingor erschienen und auf keinen Widerstand gesto?en, trotz der vielen danischen Kriegsschiffe. Drei Tage spater hatte das Heer seinen Marsch auf Kopenhagen begonnen. Je naher die Truppen kamen, desto heftiger wurde die Gegenwehr der Danen. Und beim letzten Angriff wurde die britische Flotte bedroht durch flachgehende Schiffe, von denen jedes zwanzig Kanonen trug, und von einer Kanonenbootflottille. Erst nach heftigem Gefecht konnten sie abgewehrt werden.
Bolitho kam ubers Deck auf Keen zu. Wahrscheinlich hat er wieder nicht geschlafen, dachte sein Freund.
«Bald ist es soweit, Val.»
«Aye, Sir. Die Artillerie ist in Stellung gebracht. Wie ich hore, sind siebzig Morser und Kanonen auf Kopenhagen gerichtet.»
Bolitho sah sich in der Dunkelheit um. Die Black Prince war Gambiers Flotte nach Helsingor gefolgt und schnell in einen Schu?wechsel mit der danischen Kronenbatterie verwickelt worden. Zwei Gruppen englischer Linienschiffe ankerten zwischen den danischen Verteidigern und ihrer Flotte. Aber die meisten danischen Schiffe waren offenbar eingedockt und wurden repariert, wahrscheinlich als Tauschung fur jeden, der es auf sie abgesehen hatte.
Auf dem Hohepunkt des Bombardements und zwischen den Attacken der Kavallerie und Infanterie hatte der britische Oberbefehlshaber Lord Cathcart die Zeit gefunden, die danische Kronprinzessin und die Nichten des Konigs unbehelligt durch die englischen Linien zu geleiten, um ihnen die Schrecken einer Belagerung zu ersparen.
Keens Augen zuckten, als auf dem Nachthimmel plotzlich Feuer ausbrach und die gezielte Bombardierung begann. Brandbomben wurden auf die Stadt geschleudert, und binnen einer Stunde standen bereits viele Gebaude in Flammen.
«Warum streichen die Danen nicht die Flagge?«fragte Keen durch zusammengebissene Zahne.»Sie haben doch keine Chance.»
In seinen Augen spiegelten sich die zungelnden Flammen. Das Schiff unter ihnen ruckte bei jedem Abschu? an seinen Trossen.
Die Danen, dachte Bolitho. Wir sprechen immer von den Danen, nie vom Feind. Plotzlich sah er ein Boot unten auf dem Wasser naherkommen. Die Brande beleuchteten es gespenstisch. Wei?e gekreuzte Brustriemen wurden sichtbar, und jemand rief den Seesoldaten auf englisch zu, ja nicht zu schie?en. Dann erhob sich ein Offizier im Heck des Bootes, legte die Hande um den Mund und rief durch den Larm der Explosionen:»Sir Richard Bolitho! Der Kommandierende Admiral la?t gru?en und bittet Sie zu sich an Bord!»
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