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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander - Страница 10


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Bolitho faltete das Papier zusammen und schaute den Schwarzen an. Dessen Gesicht zeigte Mitgefuhl, als ob er Bescheid wu?te.

«Kommodore Glassport, das Schauspiel bleibt Ihnen erspart, einen tapferen Offizier in Schmach und Schande untergehen zu sehen. «Seine Worte waren klar und hart. Obwohl nur an einen Mann gerichtet, ergriffen sie die ganze Tafel, der es den Atem verschlug.»Commander Price ist tot, er hat sich erhangt. «Bolitho konnte sich nicht versagen hinzuzufugen:»Sind Sie nun zufrieden?»

Mit einem Ruck erhob sich Somervell.»Ich denke, dies ist der richtige Augenblick fur die Damen, sich zuruckzuziehen. «Es war keine Geste der Hoflichkeit, eher schon ein Befehl.

Bolitho sah Catherine an. In ihren Augen las er das Verlangen, sich mit ihm auszusprechen. Statt dessen sagte sie nur:»Wir sehen uns wieder. «Und als er sich aus einer schnellen Verbeugung aufrichtete:»Bald.»

Mit raschelnder Seide tauchte sie in den Schatten.

Bolitho setzte sich wieder. Man hatte ihm ein frisches Glas gebracht. Prices Tod war nicht seine Schuld, nicht einmal die des gedankenlosen Glassport. Was hatte er machen sollen?

Es konnte jedem von ihnen zusto?en. Insgeheim verglich er den jungen Adam mit dem armen Teufel Price, wie er allein vor dem grimmigen Kriegsgericht sa? und die Spitze des Degens auf dem grunen Tisch gegen sich gerichtet sah.

Merkwurdig, da? die Nachricht vom Selbstmord Prices aus St. John's unmittelbar zur Hyperion gelangt war. Haven mu?te sie gelesen und erwogen haben, bevor er sie ihm nachsandte. Wahrscheinlich durch einen Fahnrich, der sie wiederum einem Lakaien ubergab. Es hatte Haven nicht geschadet, wenn er sie personlich uberbracht hatte.

Uberrascht merkte Bolitho, da? die anderen bereits aufgestanden waren und ihm ihre Glaser entgegenhielten. Glassport rief heiser:»Auf unseren Vizeadmiral, Sir Richard Bolitho! Moge er uns neue Siege bringen!»

Selbst sein betrachtlicher Rausch vermochte nicht die Beschamung in seiner Stimme zu verbergen.

Bolitho stand ebenfalls auf und verbeugte sich dankend. Er bemerkte, da? die wei?gekleidete Gestalt am anderen Ende der Tafel ihr Glas nicht anruhrte, und fuhlte sein Blut zornig aufwallen. Wie in dem Augenblick, da die Toppsegel des Feindes dessen Angriffsabsicht enthullten, oder wie bei einem Duell im Morgengrauen. Dann dachte er an ihre Augen und an ihr letztes Wort: bald!

Er griff zum Glas. So sei es denn, dachte er.

Die sechs Tage nach Ankunft der Hyperion in English Harbour waren hektisch und arbeitsreich, zumindest fur Bolitho.

Jeden Morgen, nachdem das Wachboot die Depeschen oder Briefe vom Land abgeliefert hatte, kletterte Bolitho in seine Barkasse und widmete sich mit einem verwirrten Leutnant an seiner Seite den Angelegenheiten der ihm unterstehenden Schiffe und Seeleute. Auf den ersten Blick war es keine beeindruckende Streitkraft. Selbst wenn man die drei kleinen Schiffe mit einbezog, die zur Zeit als Aufklarer unterwegs waren, schien die Flottille fur die vorliegenden Aufgaben einfach ungeeignet. Bolitho wu?te, da? die in seiner Stahlkassette eingeschlossenen und sehr allgemein gehaltenen Befehle Ihrer Lordschaften alle Risiken, alle Verantwortung seinem Urteil uberlie?en.

Das Gros des Antigua-Geschwaders, aus sechs Linienschiffen bestehend, war Berichten zufolge weit im Nordwesten bei den Bahamas verstreut. Wahrscheinlich sondierten sie dort feindliche Streitkrafte oder demonstrierten Macht, um eventuelle Blockadebrecher abzuschrecken. Bolitho kannte ihren Admiral, Sir Peter Folliot, einen ruhigen, wurdevollen Offizier, dem seine schlechte Gesundheit zu schaffen machte. Das waren nicht gerade die besten Voraussetzungen fur einen Angriff gegen die Franzosen oder deren spanische Verbundete.

Am sechsten Morgen, wahrend Bolitho uber das kaum gekrauselte Wasser zum letzten der ihm unterstellten Schiffe gerudert wurde, uberdachte er die Ergebnisse seiner Besichtigungen. Abgesehen von der Obdurate, einem alteren Vierundsiebziger, wegen Sturmschaden noch in der Werft, verfugte er uber insgesamt funf Briggs, eine Korvette und uber Thor, ein Morserschiff, das er sich bis zuletzt vorbehalten hatte. Er hatte sich jeden Kommandanten zum Flaggschiff bestellen konnen, wie man das von einem Admiral erwartete, und erst recht von einem mit seinem Ruf. Sie erfuhren aber bald, da? er es vorzog, sich selbst zu informieren, da? er den Kontakt mit den Menschen suchte, die er fuhren und anspornen sollte.

Er dachte an Somervell und dessen immer noch ausstehenden

Gegenbesuch auf der Hyperion. Lie? er ihn absichtlich warten, um ihn an seinen Rang zu erinnern, oder stand er Bolithos Planen gleichgultig gegenuber?

Die Riemen tauchten ein und aus. Die Augen der Ruderer mieden seinen Blick, wenn er sie ansah. Uber den geschrubbten Duchten lag Alldays Schatten. So glitten sie an den verankerten Schiffen vorbei. Antigua war zwar britischer Besitz, doch gab es viele Handler und Kustenschiffer, die bereit waren, fur ihre eigene freie Passage den Feind mit Informationen zu beliefern, ohne wirklich Spione zu sein.

Auf dem nahen Abhang, nur durch eine Brustwehr und eine schlaffe Flagge kenntlich, war eine Batterie schwerer Geschutze stationiert. Zur Verteidigung — gut und schon, aber man gewann Kriege, indem man angriff. Bolitho sah den Staub der Kustenstra?e aufsteigen, als dort eine Kutsche fuhr, und dachte wieder an Catherine. Sie war ihm kaum aus dem Sinn gekommen, und er hatte hart arbeiten mussen, um seine Gefuhle im Zaum zu halten.

Vielleicht hatte sie Somervell alles erzahlt, was zwischen ihnen gewesen war? Oder er hatte es ihr entlockt? Letzteres verwarf er sofort. Dafur war Catherine zu stark. Er entsann sich ihres fruheren Ehemannes, der zweimal so alt gewesen war wie sie, aber erstaunlichen Mut bewiesen hatte, als er Bolithos Leuten half, ein Handelsschiff gegen Korsaren zu verteidigen. Damals hatte Catherine ihn geha?t. Ihre Gefuhle fureinander waren aus jenem Ha? gewachsen wie Stahl in der Esse einer Schmiede. Er wu?te immer noch nicht genau, was ihnen damals zugesto?en war oder wohin ihre Liebe hatte fuhren konnen. So aber hatten sie nur einen kurzen Hohepunkt in London erlebt, nach ihrer zufalligen Begegnung vor der Admiralitat, als Bolitho gerade zum Kommodore eines eigenen Geschwaders ernannt worden war.

Das war vor sieben Jahren und einem Monat. Catherine hatte es nicht vergessen. Es erregte ihn, da? sie es fertig gebracht hatte, sein Leben und seine Karriere zu verfolgen, ihrer Meinung nach zwei ganz verschiedene Dinge.

Allday flusterte:»Sie sind am Fallreep angetreten, Sir Richard.»

Bolitho setzte den Hut auf. Vor ihnen lag die Bombarde, Seiner Britannischen Majestat Morserschiff Thor. Verglichen mit einem Linienschiff oder einer Fregatte war es klein, aber ausgesprochen stabil und stark konstruiert zum Bombardieren von Kustenbefestigungen und dergleichen. Seine Bewaffnung bestand in der Hauptsache aus zwei schweren Dreizehn-Zoll-Morsern. Das Schiff mu?te kraftig gebaut sein, um dem Rucksto? der Morser zu widerstehen, die fast senkrecht feuerten. Dazu zehn schwere Karronaden — kurzlaufige, aber gro?kalibrige Geschutze — und einige kleinere Sechspfunder obendrein. Thor mu?te ein langsamer Segler sein. Immerhin hatte sie drei Masten und eine handliche Takelage, die sich bei launischem Wind bewahren mochte.

Ein Schatten verdunkelte Bolithos Uberlegungen. Hatte nicht Francis Inch das Kommando uber eine Bombarde erhalten, nachdem er Hyperion verlie?? Das war schon fast unheimlich. Allday beobachtete ihn und sagte leise:»Wie die alte Hekla, Sir Richard, erinnern Sie sich?»

Bolitho bejahte. Immer noch konnte er nicht glauben, da? Inch tot war — wie so viele andere.

«Oberdeck — stillgestanden!»

Pfeifen trillerten. Bolitho ergriff mit beiden Handen das Fallreep und schwang sich durch die Pforte.

Auf den von ihm bisher besuchten Schiffen schien man von seinem Anbordkommen uberrascht zu sein, aber bis auf einen waren alle Kommandanten vor kurzem noch Leutnants gewesen. Beim Kommandanten der Thor dagegen war keinerlei Nervositat zu spuren, als Bolitho den Hut zog.

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