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Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander - Страница 63


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Jenseits des Rauchvorhangs wurde weiter gefeuert. Ob da Schiffe noch im Nahkampflagen oder schon auf das Flaggschiff des franzosischen Konteradmirals zuhielten, konnte Bolitho nicht beurteilen. Ein Flaggschiff sollte fuhren. Nun aber war es zu einem Leuchtfeuer geworden, das in ein Schlachthaus lockte. Um ihn herum fochten und starben Manner; er hatte Zeitgefuhl und Orientierung verloren. Manchmal drangten sich Leiber an ihn, dann erkannte er vertraute Gesichter. Jemand rief sogar:»Da ist der Admiral, Jungs!«Ein anderer brullte:»Bleib bei uns, Dick!»

Es war wild, furchteinflo?end, doch auch berauschend wie schwerer Wein. Bolitho kreuzte die Klingen mit einem franzosischen Leutnant und entwaffnete ihn zu seinem Erstaunen mit Leichtigkeit. Er hatte es dabei bewenden lassen, doch ein Seesoldat blieb stehen und starrte den furchtsam zuruckweichenden Offizier finster an.»Das ist fur Kapitan Inch!«rief er. Sein Sto? warf den Leutnant gegen die Reling, und aus seinem Rucken ragte rot die Spitze des Bajonetts.

Bolitho fuhr sich mit der Hand ubers Gesicht. Es war unertraglich hei?, und der Schwei? blendete ihn.

Dann stand er auf den vernarbten Planken des breiten Achterdecks, die Keens Kartatschen zerfurcht hatten. Am unbemannten Ruder lagen Leichen. Doch andere Franzosen stellten sich noch der Welle der Enterer entgegen.

Ein Matrose unterlief ein Bajonett und sprang auf Allday zu. Der starrte den Franzosen an und holte weit mit dem Entermesser aus. Dabei hatte er fast gelacht, denn sein Angreifer schien es ihm so leicht zu machen.

Doch als er die Klinge hob, schrie er plotzlich auf. Der Schmerz der alten Wunde brannte wieder in seiner Brust, machte ihn hilflos und bewegungsunfahig.

Bolitho war durch eine Kanone von Allday getrennt, sturzte aber mit ausgestreckter Klinge auf ihn zu.

Doch Bankart, nur mit einem Belegnagel bewaffnet, sprang zwischen die Kampfer.

«Weg!«kreischte er.»Ruhr ihn blo? nicht an!«Er warf sich schutzend vor seinen Vater und schluchzte vor Zorn und Angst auf, als der Franzose vorsprang, um sie beide zu toten.

Bolitho spurte den Luftzug einer Kugel im Gesicht. Den Schu? hatte er nicht gehort. Er sah den Franzosen rucklings aufs Deck sturzen. Sein Entermesser landete klirrend zwischen den Fu?en der Menge.

Dann fiel Bolithos Blick auf Midshipman Sheaffe, der bla? dastand, in einer Hand Stayts rauchende Pistole und in der anderen seinen zierlichen Seitendolch.

Doch dann verga? er ihn und die Tatsache, da? Alldays Sohn in dem Augenblick, als sein Vater in Gefahr schwebte, zu sich selbst und einen Mut gefunden hatte, den er sich nie zugetraut hatte.

Denn Bolitho hatte Jobert an der Leiter zum Poopdeck entdeckt. Er brullte seinen Offizieren Befehle zu, die in dem Getose unverstandlich blieben.

Leutnant Paget, dessen Rock von der Schulter bis zur Taille aufgeschlitzt war und der aus Splitterwunden im Gesicht blutete, winkte seine Manner mit dem triefenden Degen heran.

«Los, auf ihn! Stecht den Kerl nieder!«schrie Paget.

Bolitho taumelte auf Jobert zu und schlug mit der flachen Klinge die angelegte Muskete eines Seesoldaten beiseite. Hinter ihm atmete Allday schwer.

«Streichen Sie endlich die Flagge, verdammt noch mal!«schrie Bolitho.

Jobert starrte ihn entsetzt an. Dann schaute er an Bolitho vorbei und begriff, da? er nur wegen dieses Mannes noch am Leben war. Wilde Hochrufe erklangen, und jemand rief:»Sie streichen die Flagge, Kameraden! Wir haben sie geschlagen!»

Uberall begannen die eingekreisten Franzosen ihre Waffen von sich zu werfen. Aber nicht so Jobert. Fast verachtlich zog er den Degen, ri? sich den Hut vom Kopf und warf ihn auf die Planken.

«Uberlassen Sie ihn mir, Sir Richard!«keuchte Paget.

Bolitho warf ihm einen raschen Blick zu. Paget, der Mann, der bei Camperdown gegen eine Ubermacht gekampft und dabei kuhlen Kopf bewahrt hatte, war nun kein uberlegener Erster Offizier mehr. Er hatte nur eins im Sinn: Jobert zu toten.

«Zuruck!«befahl Bolitho. Er hob seinen Degen und spurte die Anspannung in Handgelenk und Unterarm.

Es kam also doch zu einem Zweikampf.

Bis auf das Stohnen und Schreien der Verwundeten herrschte Stille. Selbst der Wind hatte sich gelegt. Joberts Flagge hob sich nur schlaff im Takt mit der britischen Natio — nale auf Argonaute, deren Kluverbaum noch immer Leo-pards Fockwanten durchbohrte.

Die Klingen umzungelten einander wie argwohnische Schlangen.

Bolitho sah in Joberts Gesicht, dunkelhautig wie das Stayts, und verstand. Er war schon einmal in Kriegsgefangenschaft geraten und hatte dabei sein Flaggschiff verloren — das nun zuruckgekehrt war, um diese Schande zu wiederholen. Das Unvorstellbare war eingetroffen, und der Mann, der ihm nun gegenuberstand, war fur die Katastrophe verantwortlich. Es war seine einzige Chance, sich zu revanchieren, nach Bolithos Fall einen letzten kurzen Triumph auszukosten, ehe man ihn niederschlug.

Jobert wich zuruck, und selbst die englischen Matrosen machten ihm Platz.

«Bitte uberlassen Sie ihn mir!«bat Paget verzweifelt. Als er Bolitho uber ein Wrackteil stolpern und taumeln sah, flusterte:»Um Gottes willen, holt Kapitan Keen!«Ein Mann huschte hinuber, doch Paget wu?te, da? es zu spat war.

Jobert schlug zu und machte einen Ausfall nach dem anderen. Dann begann er zu kreisen und zwang Bolitho, den Kopf zu wenden und in die Sonne zu starren. War es Einbildung, oder sah er wirklich Triumph in den Augen des franzosischen Admirals aufblitzen? Kannte der seine Schwache? Die Klingen klirrten gegeneinander, Stahl zischte, als beide versuchten, das Gleichgewicht zu wahren und die Kraft aufzubringen, den anderen auf Armeslange Abstand zu halten.

Die Duellanten parierten und trennten sich wieder.

Midshipman Sheaffe schuttelte Allday am Arm.»Setzen Sie dem ein Ende, Mann!»

Allday antwortete, eine Hand auf die brennende Narbe unterm Hemd gepre?t:»Los, holen Sie einen Scharfschutzen!»

Bolitho tanzelte vorsichtig uber herumliegendes Tauwerk. In seinem Arm pochte der Schmerz, au?erdem konnte er Joberts verzerrtes Gesicht kaum noch erkennen. Was habe ich eigentlich noch zu beweisen? Er ist besiegt, erledigt. Das reicht doch…

Joberts Klinge zuckte blitzschnell vor, und als Bolitho zu parieren versuchte, spurte er, wie sie ihm unter der Achselhohle durch den Rock fuhr. Ein brennender Schmerz, als die Schneide seine Haut ritzte. Er hieb seinen Degengriff auf Joberts Handgelenk, so da? sie nun Brust an Brust wankend miteinander rangen.

Bolitho fuhlte, wie die Kraft seinen Arm verlie?. Der Schnitt an seinen Rippen schmerzte wie ein Brandeisen. Joberts Atem streifte sein Gesicht, seine finsteren Augen starrten ihn an. Trotzdem schien ein Schleier uber allem zu liegen, und selbst Herricks Stimme drang wie von fern zu ihm.

Er hob den Arm, nahm seine letzte Kraft zusammen und stie? Jobert vor die Brust. Jobert taumelte ruckwarts gegen eine Kanone und ri? in unglaubigem Entsetzen die Augen auf, als Bolithos alter Degen blitzend vorschnellte und ihn ins Herz traf.

Bolitho ware fast gesturzt, als die Matrosen auf ihn zudrangten, wie von Sinnen jubelnd, manche schluchzend.

Er reichte Allday seinen Degen, versuchte ihm zuzulacheln. Herrick stie? seine Manner beiseite und packte Bo-litho am Arm.

«Mein Gott, Richard, er hatte Sie umbringen konnen!«Er betrachtete ihn besorgt.»Warum hat ihn denn keiner einfach niedergeschossen?»

Bolitho tastete nach dem Loch in seinem Rock und spurte warme Nasse an den Fingern.

Der Jubel verwirrte ihn, doch die Manner hatten ein Recht, ihren Gefuhlen Luft zu machen. Was verstanden sie von Strategie oder der Notwendigkeit, zwei fremde Handelsschiffe zu schutzen? Sie kampften immer nur fur sich, fur die Kameraden, fur ihr Schiff.

Er schaute auf Jobert hinab. Ein Matrose nahm ihm den Degen aus der schlaffen Hand. Joberts dunkle Augen standen halb offen, als sei er noch am Leben, belausche und beobachte seine Feinde.

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