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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 62


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Bolitho sah ihm zu, als er das Tablett vorsichtig abstellte. Also hatte auch der Zahlmeister seine Hoffnungen gehabt, denn andernfalls hatte er niemals eins seiner kostbaren letzten Huhner geopfert.

«Ein Glas Wein, Sir?«fragte Ozzard geduldig.

Bolitho mu?te lacheln. Der schmachtige Ozzard, wie vertrauensvoll und loyal er war! Nichts schien ihm ferner zu liegen als der Gedanke, da? er noch vor dem Abend tot sein konnte.

«Ja, bitte, Ozzard«, sagte Bolitho.»Ein Glas aus deinem speziellen Kistchen.»

Als der Steward davongehuscht war, vergrub Bolitho das Gesicht in den Handen.

Der franzosische Admiral war also uber den neuerlichen Kriegsausbruch noch nicht informiert, sonst hatte er auf jeden Fall die Formation seines Geschwaders so geandert, da? er aus drei Richtungen zugleich angreifen konnte. Achates konnte die erste Fregatte unter Feuer nehmen und wahrscheinlich zum Wrack schie?en, ehe ihr Kommandant wu?te, wie ihm geschah. Danach konnten sie das Linienschiff angreifen. Dann war die Ubermacht immer noch gro?, aber wenigstens um ein Drittel reduziert.

Bolitho rief sich seine unglaubige Wut ins Gedachtnis, als der spanische Zweidecker Achates ohne Vorwarnung angegriffen hatte. Wie hatten sie ihn fur seine Feigheit und Hinterhaltigkeit verflucht!

Brachte er es jetzt uber sich, genauso zu handeln?

Nicht ehrenhaft. Ehrenhaft. Das Wort schien wie ein geflusterter Zauberspruch in der Kajute umzugehen.

Bolithos Blick fiel auf den alten Familiensabel an der Wand, und er erinnerte sich wieder daran, wie sein Vater die Waffe ihm und nicht seinem alteren Bruder Hugh ubergeben hatte. Sie hatte eigentlich Hugh gebuhrt, ware da nicht sein Verrat, seine Desertion gewesen, die wie ein Schatten uber der Familie hing und Bolitho sogar bis nach San Felipe gefolgt war. Das hatte dem alten Bolitho das Herz gebrochen und den Sabel in die Obhut seines zweiten Sohnes gebracht.

Laut sagte Bolitho:»Also sei's drum!«Im Grunde hatte er nie die freie Wahl gehabt, hatte sich nur etwas vorgemacht.

Als Ozzard mit einer in der Bilge gekuhlten Flasche Wein zuruckkam, fand er Bolitho so ruhig und au?erlich unbesorgt vor, wie er es von ihm gewohnt war.

So schlecht konnte es demnach nicht um sie bestellt sein.

XVII Mit Vorwarnung

Mit ein paar Schritten uber aufgeschossene Leinen war Bolitho an der Luvreling des Achterdecks. Die franzosische Fregatte stand nun an Steuerbord achteraus viel dichter bei ihnen, hatte aber Segel gekurzt, als sei sich der Kommandant uber den nachsten Schritt noch unschlussig. Bolitho schatzte den Abstand auf eine halbe Meile.

Hinter sich horte er Manner unbeholfen herumkriechen, als sei die Achates plotzlich mit Kruppeln bemannt. Aber es war unbedingt notig, da? sie ohne das ubliche Hasten und Rennen gefechtsklar machten, denn das ware den Ausgucks der Franzosen sofort aufgefallen.

Keen sagte gerade zum Bootsmann:»Lassen Sie die Leute zum Ket-tenaufriggen erst aufentern, wenn das Gefecht beginnt.»

Big Harry Rooke brummte eine murrische Antwort, und Keen wies ihn scharf zurecht:»Wir haben keine Wahl, Mann. Machen wir jetzt auch nur einen falschen Zug, dann fressen uns heute abend die Fische.»

Er wandte sich ab und entdeckte Bolitho.

«Mr. Quantock ist tief beschamt uber seinen negativen Rekord, Sir: zwanzig Minuten, um gefechtsklar zu machen!«Dieser Versuch zu scherzen schien ihm sein seelisches Gleichgewicht zuruckgegeben zu haben, denn er fuhr ruhiger fort:»Welches sind Ihre Befehle fur diesen denkwurdigen Tag, Sir?»

Bolitho deutete nach Lee.»Gleich werden wir drei Strich abfallen. Ich rechne damit, da? die Fregatte dann erneut zu uns auf schlie?en und achteraus ihre Position einnehmen wird. Diesmal aber viel naher an Achates.»

Wenn sich sein Herzschlag doch nur beruhigen wollte! Ein falscher Ton, und die Anspannung wurde sich in seiner Stimme verraten.

Keen spahte uber seine Schulter nach der Segelpyramide des Franzosen.»Sie ist genauso neu wie der 74er. Wahrscheinlich sollte das die Amerikaner beeindrucken. «Die Verbitterung war ihm deutlich anzumerken.»Wogegen unsere Regierung es fur angebracht hielt, den altesten noch segelnden 64er nach Amerika zu schicken!»

Bolitho ging zur Querreling und musterte das Batteriedeck mit seinen schwarzen Achtzehnpfundern. Die Stuckmannschaften, die sich fur den Kampf schon ihrer Hemden entledigt hatten, duckten sich unter die Seitendecks oder pre?ten sich mit ihrem Handwerkszeug in den Schatten der Kanonen.

«Es mu? sehr schnell gehen, Val«, sagte Bolitho.»Der franzosische 74er ist jetzt direkt achteraus, und wir durfen keine Minute vergeuden. Sobald wir unsere Absichten zu erkennen geben, werden sie blitzschnell dagegen gewappnet sein.»

Keen nickte, in Gedanken schon beim nachsten und ubernachsten Manover.»Das dritte Schiff ist kleiner. Mr. Mountsteven meint, es handelt sich um eine Fregatte mit 26 Kanonen. Wenn ich mich recht erinnere, ist es die Diane, im Vergleich zu den beiden anderen ein Veteran.»

Knocker drehte das Halbstundenglas neben der Kompa?saule um und meldete:»Alles klar, Sir.«»Sagt das ins untere Batteriedeck weiter.»

Keen sah sich um, weil Allday mit Bolithos Sabel an Deck erschien, das Gesicht so starr, als schmerze ihn seine Wunde.

Bolitho hob leicht die Arme an, damit Allday ihn mit der Waffe gurten konnte. Sein Bootsfuhrer murmelte:»Sie sollten heute die Epaulet-ten ablegen, Sir. «Aber dann zuckte er grinsend die Schultern.»Ich wei? ja, ich predige tauben Ohren.»

Bolitho sah druben auf dem Franzosen Sonnenlicht von einem Teleskop im Fockmasttopp reflektieren. Jede Sekunde jetzt mochten sie Verdacht schopfen und klar zum Gefecht machen.

Aber er sagte nur:»Gib acht auf dich, Allday. Da? du mir heute nichts riskierst!»

Er legte ihm die Hand auf den Arm, und zwei Pulverjungen auf dem Achterdeck stie?en sich mit den Ellbogen an, uber dem Kiebitzen ins Privatleben ihres Admirals den Feind momentan vergessend.

Alldays Blick war trotzig.»Beleidigen Sie mich nicht, Sir. Wenn die Kerls sich mit uns anlegen wollen, kriegen sie von mir Saures, verlassen Sie sich drauf!»

Bolitho lachelte.»Ich wei? ja genausogut, da? ich tauben Ohren predige, alter Freund.»

Er fuhr herum, weil Keen meldete:»Sie signalisieren der Argo-naute, Sir!»

Midshipman Ferrier lie? enttauscht sein gro?es Signalteleskop sinken.»Verschlusselt, Sir.»

Bolitho befahl:»Kurs andern!»

Darauf hatten die Ruderganger schon lange gewartet. Sie lie?en das gro?e Rad wirbeln, und wahrend andere an die Brassen eilten, um die Rahen neu zu trimmen, meldete Knocker:»Drei Strich abgefallen, Sir. Neuer Kurs Nordost zu Nord!»

Bolitho spurte selbst die Veranderung in dem viel heftigeren Zupak-ken des Windes oben in den Segeln.

Keen erinnerte sich an den Ausguck.»Rufen Sie Mr. Mountsteven wieder herunter«, befahl er.

«Der Franzose andert Kurs, Sir.»

Bolitho hielt den Atem an, als die machtige Fregatte um etwa einen Strich auf Achates zudrehte und gleichzeitig Gro?segel und Treiber setzte.

Keen hieb mit der Faust auf die Reling.»Sie uberholt uns, Sir«, rief er.

Ein Seesoldat lie? etwas Metallisches an Deck poltern, worauf Sergeant Saxton ihn anzischte:»Wenn du dich noch einmal ruhrst, zieh' ich dir bei lebendigem Leibe die Haut ab!»

Gischt spruhte uber Galion und Bugspriet der Fregatte. Wenn sie Kurs und Geschwindigkeit beibehielt, mu?te sie Achates mit einer halben Kabellange Distanz an Steuerbord uberholen.

Als Bolitho wieder sein Fernglas hob, sah er gespannte Gesichter ubers bewegte Wasser zu ihnen heruberspahen; sie kamen ihm seltsam fremdartig vor, da er seit Wochen nur die vertrauten Gesichter seiner eigenen Besatzung gesehen hatte.

«Batteriedecks — feuerklar!»

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