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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 3


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Das neue Schiff — wie mochte es sein? Allday war selbst erstaunt uber seine Neugier. Sein Posten als Bootsfuhrer des Vizeadmirals machte ihn zwar unangreifbar, aber er war doch zu sehr Seemann, um nicht auf das neue Schiff gespannt zu sein.

Kein Linienschiff ersten Ranges, mit hundert oder mehr Kanonen, nicht mal eines mit 74 Kanonen wie die Benbow, Bolithos letztes Flaggschiff; nein, eines der kleinsten Linienschiffe, die noch im Dienst standen.

Seiner Britannischen Majestat Schiff Achates verfugte nur uber 64 Kanonen und gehorte zu einer aussterbenden Klasse. Es war eher eine zu gro? geratene Fregatte als eines jener schweren Linienschiffe, die auch den morderischen Breitseiten des Nahkampfes widerstehen konnten.

Mit ihren 21 Jahren war sie ein Veteran und hatte alle moglichen Schlachten und Gefechte erlebt. Meist war sie in der Karibik stationiert gewesen und unzahlige Male von ihrem Heimathafen auf Antigua zum sudamerikanischen Festland und zuruck gesegelt.

Etwas unbehaglich fragte sich Allday, warum gerade sie zu Bolithos Flaggschiff bestimmt worden war. Wahrscheinlich blo? wieder so eine Hirnverbranntheit von oben, sagte ihm sein gradliniger Verstand. Fur seine Verdienste und Leiden um England hatte Bolitho langst der Adelstitel gebuhrt, war Alldays Meinung. Aber an hoherer Stelle schienen nur zu oft Ha? und Mi?gunst dem Mann entgegenzuschlagen, fur den Allday jederzeit sein Leben geopfert hatte.

Dann dachte er an den Abschied, dessen Zeuge er gerade geworden war. Ein schones Paar, diese beiden: die bezaubernde Lady mit den langen, kastanienbraunen Flechten und der junge Vizeadmiral, dessen rabenschwarzes Haar noch keine wei?e Strahne aufwies.

Auf dem Sitz gegenuber sah Bolitho zu, wie Alldays Kopf langsam auf die Brust sank; er spurte die Kraft des Schlummernden und war dankbar, da? er ihm schweigend Gesellschaft leistete. An Land hatte Allday einige Pfunde zugenommen und wirkte jetzt so, als konne nichts und niemand ihn umwerfen. Trotz seines Kummers mu?te Bo-litho lacheln. Er hatte Allday erlebt, wie er sich mit lowenhaftem Mut uber das blutige Deck zu ihm durchschlug, aber auch, wie er mit Tranen in den Augen seinen verwundeten Kommandanten nach unten ins Lazarett trug. Nein, ein Schiff ohne Allday konnte er sich nicht vorstellen.

Auch nicht sein neues Flaggschiff, das ihn zu diesem Sondereinsatz nach Amerika und in die Karibik tragen sollte.

Wenigstens war der Kommandant ein alter Freund: Valentine Keen, vor langer Zeit einer von Bolithos Seekadetten, der seither bei den verschiedensten Gelegenheiten Freud und Leid mit ihm geteilt hatte. Der letzte Kommandant der Achates war am Fieber gestorben, unterwegs von Antigua zu der Werft, wo sie gebaut worden war und die langst fallige Uberholung erhalten sollte.

Bolitho war froh, da? er Keen als Flaggkapitan bekommen hatte. Er warf einen Blick auf den schlummernden Allday und erinnerte sich daran, wie sein Bootsfuhrer einst Keen das Leben gerettet hatte, als er ihm mit eigener Hand einen langen Holzsplitter aus dem Leib schnitt, weil der Schiffsarzt zu betrunken gewesen war.

Sie fuhren an einer Gruppe Feldarbeiter vorbei, die an einem Gatter lehnten und Apfelwein aus groben irdenen Krugen tranken. Bolitho sah, da? einige zur Kutsche aufblickten, einer hob sogar gru?end die Hand. Bald mu?te man es in und um Falmouth wissen: Wieder war ein Bolitho ausgezogen. Ob er wohl zuruckkehren wurde?

Abermals dachte er an Belinda, die er in dem weitlaufigen alten Steinhaus allein zurucklassen mu?te. Hoffentlich… Aber er war nicht der erste Marineoffizier, der fort mu?te, wenn ihn seine Frau oder seine Familie am meisten brauchte. Bolitho strich uber die neue Goldlitze an seinem Rock und setzte sich gerade. Genausowenig wie er der letzte war, dem dies geschah.

Der Friede konnte nicht dauern, mochten die Politiker das auch uberall herumposaunen. Zu viele Leben waren geopfert worden, zu viele Ungerechtigkeiten nicht gesuhnt.

Wenn England sechzig von seinen hundert Linienschiffen au?er Dienst stellte und gut vierzigtausend Matrosen und Seesoldaten nach Hause entlie?, dann hatte Frankreich doch mit Blindheit geschlagen sein mussen, um nicht seinen Vorteil aus solcher Vertrauensseligkeit zu ziehen.

Aber es war besser, uber Achates' Bestimmungsort nachzudenken, sagte sich Bolitho: die kleine Insel San Felipe, die wie ein verwitterter Wachtposten die Enge zwischen Kuba und Haiti beherrschte. Wie andere Inseln in der Karibik blickte sie auf ein bewegtes und blutiges Schicksal zuruck. Ursprunglich in spanischem Besitz, war sie von Frankreich erobert und bis zur Amerikanischen Revolution gehalten worden. Dann hatte England sie nach harten Kampfen und unter dem Verlust vieler Menschenleben an sich gebracht.

Und jetzt, so wollte es die Ubereinkunft mit Frankreich, sollte diese Insel als Geste des guten Willens zuruckgegeben werden. Aber es war nicht mehr die gleiche Insel. Als Admiral Rodneys Schiffe sie 1782 erobert hatten, nur ein Jahr nach Achates' Stapellauf, war sie ein odes, menschenfeindliches Stuck Land gewesen. Wahrend sie jetzt, so hatte Bolitho bei der Admiralitat erfahren, vor Wohlstand und Fruchtbarkeit strotzte.

Als Gouverneur regierte dort zur Zeit ein pensionierter Vizeadmiral, Sir Humphrey Rivers, Ritter des Bath-Ordens. Er hatte San Felipe zu seiner Lebensaufgabe gemacht und den Hafen in Georgetown umbenannt, was die endgultige Zugehorigkeit der Insel zum britischen Weltreich noch unterstreichen sollte.

Georgetown besa? einen geschutzten Naturhafen, und der Handel mit Rohrzucker, Kaffee und Melasse bluhte. Der wachsende Wohlstand war vor allem der Sekundarbevolkerung aus afrikanischen Sklaven zu danken.

Admiral Sheaffe hatte Bolitho erklart, da? San Felipe wahrend des Krieges zwar ein wichtiger Stutzpunkt gewesen war, von wo aus die Seewege nach Jamaika kontrolliert und feindliche Freibeuter bekampft werden konnten, da? die Insel aber im Frieden nur eine Belastung darstelle und nicht mehr gebraucht werde.

Schon damals hatte Bolitho das nicht eingeleuchtet, und jetzt, als die Kutsche bergab fuhr und in der Ferne sich der Blick auf die See offnete, kam ihm das Ganze noch absurder vor.

War die Insel so wichtig gewesen, da? viele fur sie sterben mu?ten, dann war sie es doch gewi? wert, da? man sie behielt?

Bolitho empfand die Ubergabe als einen Verrat, der mehr Indolenz verriet, als er seinem Land jemals zugetraut hatte. Und warum hatte man damit ihn beauftragt, nicht einen jener wendigen Politiker?

Sie brauchten einen Mann, der ebenso taktvoll wie tapfer handeln konnte, hatte Sheaffe gesagt.

Das entlockte Bolitho nur ein grimmiges Lacheln. Solche und ahnliche Begrundungen hatte er schon oft gehort. Wenn die Sache gut ausging, heimsten andere die Ehre ein. Aber machte er auch nur einen falschen Zug, fiel die volle Verantwortung auf ihn zuruck.

Am besten gab er das Grubeln uber seine Order ganz auf. Er hatte sie schwarz auf wei?, und daruber hinaus konnte er nicht planen. Bis sein Schiff den Anker fallen lie?, mochte sich die Lage grundlegend geandert haben.

Aber Browne als Flaggleutnant wurde er vermissen. Seit Browne ihm als Adjutant beigegeben worden war, hatte er diesen intelligenten und im Umgang mit Admiralitat und Regierung geschulten Mann schatzen gelernt. Doch vor einigen Monaten war sein Vater gestorben, und Browne war jetzt Herr uber einen Landbesitz, dessen Ausma? Bolithos Vorstellungsvermogen fast uberstieg.

Zum Abschied war Browne allerdings noch einmal nach Cornwall gekommen. Fur beide war es eine schmerzliche Trennung gewesen, und Bolitho hatte sich damals entschlossen, seinen Neffen Adam Pas-coe als neuen Adjutanten anzufordern. Auch wenn es Bolitho widerstrebte, seine Befugnisse fur eine private Gunst zu benutzen, glaubte er, ihm diesen Dienst schuldig zu sein; zu viele junge Offiziere sa?en ohne Aufgabe und Sold an Land. Schlie?lich liebte er seinen Neffen wie einen Sohn, und sie hatten manchen Kampf gemeinsam bestanden. Die neue Erfahrung konnte ihm nutzlich sein.

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