Выбери любимый жанр

Klar Schiff zum Gefecht: Richard Bolitho - Kapitan des Konigs - Kent Alexander - Страница 38


Изменить размер шрифта:

38

Immer und immer wieder zergrubelte sich Bolitho sein Gehirn, prufte sein Verhalten und fragte sich, was er damals sonst noch hatte tun konnen. Er hatte seine Befehle ausgefuhrt. Lieber hatte er der Fregatte geholfen. Aber er hatte der Pflicht den Vorrang eingeraumt. Und so hatte er das beschadigte Schiff wie ein hilfloses Tier dem Tiger ausgeliefert.

In seinem Herzen wu?te er, da? er keine andere Entscheidung hatte treffen konnen. Er wu?te auch, da? er anders gehandelt hatte, ware er sich nicht daruber im klaren gewesen, wie notwendig die beiden Transportschiffe gebraucht wurden. Als er dies dem Kapitan der Brigg eingestanden hatte, schuttelte der den Kopf.

«Dann lage jetzt auch Ihre Sparrow auf dem Grund des Meeres. Die Bonaventure ist allem au?er einem Linienschiff gewachsen.»

Bolitho ging nur in dienstlichen Angelegenheiten, zu Besorgungen und Zahlungen an die Werftleute an Land. Er hielt es fur unfair, von seinen Vorrechten Gebrauch zu machen, wenn seine Leute auf ihrem Schiff, dessen Gro?e jeden Tag zu schrumpfen schien, eingesperrt waren. Auch widerten ihn die Dinge, die er in New York zu sehen bekam, an. Es gab allerlei langweilige militarische Vorbereitungen dort. Artillerie wurde gedrillt. Zum Vergnugen von Tagdieben und schreienden Kindern ruckten bespannte Geschutze vor. Fu?soldaten rannten und schwitzten in der brutenden Hitze, ja, verschiedentlich hatte er sogar Kavallerie gesehen.

Aber seine eigentliche Abneigung sa? viel tiefer. Die Auswirkungen der immer schlechteren Nachrichten reichten nur bis zu einer bestimmten Grenze. In den gro?en Hausern verging kaum eine Nacht ohne Empfange oder Balle. Stabsoffiziere und reiche Kaufleute, Damen in gro?er Robe und blitzenden Juwelen — es war kaum zu glauben, da? in der Nahe so blutige Kampfhandlungen stattfanden. Bolitho wu?te aber auch, da? ein Teil seines Abscheus auf seiner eigenen Ungeschicklichkeit, in solchen Kreisen aufzutreten, beruhte. In seiner Heimatstadt Falmouth war seine Familie stets geachtet worden, aber eher als Seefahrer denn als ansassige Einwohner. Schon mit zwolf Jahren war er in die Marine eingetreten, doch seine Erziehung hatte eher der Navigation gegolten und dem Umgang mit Tauwerk, Schakel und Augbolzen als der Kunst, Konversation zu machen.

Es schien ihm unmoglich, sich unter die peruckentragenden Dandies zu mischen, wie er sie nun bei seinen Landgangen in New York sah. Auch die Frauen waren ihm fremd, unerreichbar. Im Gegensatz zu den ausgesprochen landlichen Frauen in Cornwall oder zu den Frauen und Tochtern seiner Offizierskameraden schienen sie eine eigenartige Macht auszustrahlen. In ihnen steckte eine gewisse Kuhnheit und belustigte Geringschatzung, die ihn reizte und verwirrte, wann immer er mit ihrer parfumierten, privilegierten Welt zu tun hatte.

So oft wie moglich hatte er Tyrell erlaubt, an Land zu gehen, aber die Veranderung, die in seinem Leutnant vor sich ging, uberraschte ihn. Er konnte an ihm weder Freude noch Erleichterung entdecken, obwohl er doch mit Landsleuten sprechen und Gegenden aufsuchen konnte, die er so oft mit dem Schoner seines Vaters angelaufen hatte. Er zog sich immer mehr zuruck, ja, er vermied es augenscheinlich, von Bord zu gehen, wenn ihn sein Dienst nicht dazu zwang. Bolitho wu?te, da? er uber den Verbleib seiner Familie nachgeforscht hatte. Auch glaubte er, da? Tyrell ihm in einer guten Stunde erzahlen wurde, ob alles so stand, wie er gehofft hatte.

Und dann endlich, fast auf den Tag genau drei Monate nachdem sie zugesehen hatten, wie die franzosische Fregatte auf das Riff rannte, war die Sparrow wieder seeklar. Mit argwohnischen Blicken beobachteten die Seeleute den letzten Werftarbeiter, ob er nicht mehr von Bord mitnahm, als er gebracht hatte, dann wurde er an Land gerudert. Nachdem die letzten Wasserleichter und Werftbarken von der Korvette abgelegt hatten, schrieb Bolitho seinen Bericht an den Admiral. Es kummerte ihn wenig, wie seine nachsten Befehle lauten wurden. Ob es sich wieder um einen besonderen Auftrag handelte, ob er Depeschen befordern oder einfach zu Colquhouns Flottille zuruckkehren sollte, war ihm gleichgultig. Er wollte nur endlich wieder auf See sein, unabhangig von geschniegelten Flaggoffizieren und umstandlichen Schreibereien.

Als Tyrell die Kapitanskajute betrat und meldete, da? alle Werftarbeiter von Bord seien, fragte Bolitho:»Wollen Sie heute abend mit mir essen? Vielleicht werden wir in den nachsten Wochen keine Gelegenheit mehr dazu haben.»

Tyrell blickte ihn duster an.»Mit Vergnugen, Sir. «Seine Stimme klang matt und erschopft.

Bolitho starrte durch die geoffneten Heckfenster auf die vor Anker liegenden Schiffe und die fahlen Hauser im Hintergrund.»Sie konnen Ihre Sorgen mit mir teilen, wenn Sie wollen, Mr. Tyrell. «Er hatte mehr gesagt, als er beabsichtigte, aber die Verzweiflung in den Augen des Leutnants hatte ihn alle Vorsicht vergessen lassen.

Tyrell beobachtete ihn vom Fenster aus. Seine Augen lagen im Schatten.»Ich habe Nachrichten erhalten. Mein Vater hat seine Schoner verloren, aber das war zu erwarten. Die eine oder die andere Seite hat sie beschlagnahmt. Es ist gleichgultig. Au?erdem besa? mein Vater eine kleine Farm. Er sagte immer, sie sahe seinem Hof in England sehr ahnlich.»

Bolitho wandte sich langsam ab.»Ist auch die Farm verloren?«Tyrell zuckte die Achseln.»Der Krieg hat vor einigen Monaten dieses Gebiet erreicht. «Seine Stimme klang tonlos wie aus weiter Ferne.»Wir hatten einen Nachbarn, Luke Mason. Er und ich, wir wuchsen zusammen auf. Wie Bruder. Als der Aufstand anfing, war Luke im Norden und verkaufte Rinder. Und ich war auf See. Luke war immer ein bi?chen ungezugelt, und ich glaube, da? ihn all das Durcheinander mitgerissen hat. Jedenfalls, er meldete sich, um gegen die Briten zu kampfen. Aber fur seine Kompanie ging die Sache schlecht aus. Sie wurde im Kampf aufgerieben. Luke entschlo? sich, nach Hause zu gehen. Ich glaube, er hatte genug vom Krieg.»

Bolitho bi? sich die Lippen.»Er ging zu Ihrem Vater?»

«Aye. Das Ungluck war, da? mein Vater offensichtlich die englischen Soldaten mit Remonten und Futter versorgte. Aber er mochte Luke sehr gern. Er gehorte fast zu unsrer Familie. «Der Leutnant seufzte.»Der Oberst des Standorts horte davon durch irgendeinen verdammten Spitzel. Er lie? meinen Vater an einen Baum hangen und das Haus vollstandig niederbrennen.»

Bolitho konnte sich nicht zuruckhalten.»Mein Gott, das tut mir sehr leid.»

Tyrell schien nicht zu horen.»Dann griffen die Amerikaner an, und die Rotrocke zogen sich zuruck. «Er schaute zu den Decksbalken hinauf und fugte hitzig hinzu:»Aber Luke war in Sicherheit. Er konnte aus dem brennenden Haus entkommen. Und wissen Sie, was? Der amerikanische Oberst hangte Luke als Deserteur auf!«Er sank auf einen Stuhl und stutzte sich gegen den Tisch.»Wo, zur Holle, wo nur ist der gottverdammte Sinn in all dem?»

«Und Ihre Mutter?»

Er beobachtete Tyrells gesenkten Kopf. Die Qual schien ihn zu zerbrechen.

«Sie ist vor zwei Jahren gestorben, so ist ihr all das erspart geblieben. Jetzt bin nur ich noch ubrig — und meine Schwester Jane. «Er blickte auf. Seine Augen warfen das Sonnenlicht wie Funken zuruck.»Nachdem Kaptn Ransome genug von ihr hatte, ist sie verschwunden — Gott allein wei?, wo sie jetzt ist.»

In dem plotzlichen Schweigen uberlegte Bolitho, wie ihm wohl zumute ware, wenn er so furchtbare Nachrichten erhalten hatte wie Tyrell. Soweit seine Erinnerung zuruckreichte, war ihm gelehrt worden, mit der standigen Moglichkeit des Todes zu rechnen und ihr nicht aus dem Wege zu gehen. Fast alle seine Vorfahren waren auf irgendeine Weise auf See umgekommen. Das Seemannsdasein war gefahrlich. Wenn man von dem brutalen Ende im Kanonenfeuer und einem Degensto? des Feindes absah, gab es immer noch zahllose Fallen fur den Unachtsamen. Wie oft starben Seefahrer durch einen Sturz aus der Takelage, durch Ertrinken oder am Fieber. Sein Bruder Hugh war Leutnant in der Kanalflotte gewesen, als er ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Vielleicht kommandierte er jetzt ein Schiff gegen die Franzosen, vielleicht lag er aber auch schon mit seinen Mannern viele Faden tief auf dem Grund des Meeres. Aber die Wurzeln wurden weiterleben. Das Haus in Falmouth, sein Vater, seine verheirateten Schwestern. Wie verzweifelt ware er, wenn er wie Tyrell wu?te, da? all das zerbrochen und ausgemerzt ware, wenn seine Familie ausgeloscht ware in einem Land, wo Bruder gegen Bruder kampfte und die Manner sich beim Kampfen und Sterben in der gleichen Sprache verfluchten. Nun war fur Tyrell und fur viele andere Amerikaner nichts mehr geblieben. Nicht einmal ein Vaterland.

38
Перейти на страницу:
Мир литературы