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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 59


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Er stammelte:»Kann — kann — nicht…»

Sein Kopf fiel vornuber, und Bolitho sah Tranen uber sein Gesicht rinnen, die helle Streifen durch den Ru? zogen.

Eine unbekannte Stimme knarrte:»Dann gehe ich hinunter. «Es war Ackerman, der makellose Flaggleutnant.»Ich kenne mich aus. «Er starrte Quinn an, als konne er nicht glauben, was er sah.»Der Admiral hat mich geschickt.»

Bolitho blickte nach achtern, schockiert durch Quinns Kollaps, benommen durch all den Schrecken und das Blut des Schlachtfeldes um ihn herum. Durch ziehenden Qualm und baumelndes Gewirr abgerissener Takelage trafen sich ihre Blicke. Dann winkte Coutts kurz ab und deutete ein Schulterzucken an.

Das Deck erzitterte; Bolitho wu?te, der zerbrochene Mast war freigehackt.

Die Trojan luvte an und bekam den Feind wieder in Sicht, war aber fast au?er Reichweite.

«Feuer!»

Die Manner sprangen zuruck, griffen zu ihren Rammstocken, zugleich fluchend und jubelnd wie irr.

Quinn stand unbeweglich noch immer an derselben Stelle, blind gegen den heulenden Eisenhagel uber seinem Kopf, gegen die an Deck liegenden Verwundeten, gegen die Gefahr, die ihm drohte, als des Gegners Besanmast, schlie?lich auch der Gro?mast sich uber ihren Netzen aufturmten.

Funfzig Yards entfernt, nicht mehr, dachte Bolitho erregt. Beide Schiffe feuerten blind durch den dichten Qualm, der zwischen den Rumpfen hing wie ein Kissen, das den Zusammenprall abschwachen sollte.

Ein Seemann lief von seinem Geschutz davon, verruckt von Kampflarm und Gemetzel, und versuchte, eine Luke zu erreichen, tiefer und tiefer bis zum Kiel zu fluchten wie ein verangstigtes Tier. Ein Marineinfanterist hob sein Gewehr, um ihn niederzuschlagen, lie? es aber wieder sinken, als sei auch er uberzeugt von der Sinnlosigkeit des Ganzen.

Couzens zerrte an Bolithos Armel, sein rundes Gesicht war entruckt, als wollte es den furchterlichen Anblick ringsum ausschlie?en.

«Ja?«Bolitho hatte keine Ahnung, wie lange der Junge schon neben ihm gestanden hatte.»Was ist?»

Der Fahnrich ri? seinen Blick von Huss' Leichnam los.»Der Kommandant sagt, da? der Feind versuchen wird, uns zu entern. «Wahrend des Sprechens starrte er Quinn an.»Sie sollen das Kommando im Vorschiff ubernehmen. «Dann kehrte sein alter Trotz zuruck.»Ich werde bei Ihnen bleiben.»

Bolitho ergriff Couzens an der Schulter; durch den dunnen, blauen Stoff fuhlte sich der Korper des Jungen gluhendhei? an, als habe er Fieber.

«Holen Sie sich ein paar Leute von unten. «Als der Junge losrannte, rief er:»Langsam, Mr. Couzens. Zeigen Sie den Leuten, wie ruhig Sie sind. «Er zwang sich zu einem Lacheln.»Gleichgultig, was Sie in Wirklichkeit empfinden.»

Er wandte sich wieder den Geschutzen zu, erstaunt daruber, da? er so ruhig sprach, da er doch in der nachsten Sekunde tot sein oder, noch schlimmer, festgeschnallt auf dem Operationstisch liegen konnte.

Er sah sich die Stellung der feindlichen Rahen an, sie standen so, da? die beiden Fahrzeuge zwangslaufig kollidieren mu?ten. Die Geschutze legten keinerlei Feuerpause ein, obwohl sie auf kurzeste Entfernung einander direkt beschossen, zum Teil sogar mit gluhenden Mundungspfropfen, die beinahe ebenso gefahrlich waren wie die Kugeln.

Plotzlich horte er neue Gerausche: das ferne Knattern von Gewehrfeuer, das dumpfe Knallen von Einschlagen in Deck, Fallreep oder in den dichtgepackten Hangemattsnetzen.

Aus dem Gro?mars horte er das Bellen eines Schwenkgeschutzes und sah eine Gruppe Scharfschutzen aus dem feindlichen Kreuzmast sturzen, von einem Kartatschenhagel beiseite gefegt wie welkes Laub.

Jetzt konnte man auf der Argonaute einzelne Gesichter erkennen, und Bolitho sah einen Unteroffizier, der einen Scharfschutzen auf ihn ansetzte. Der aber wurde von einem Marineinfanteristen gefallt, als er gerade seine Muskete auf Bolitho richtete.

Er horte Leute aus dem unteren Batteriedeck herbeieilen, horte das Klirren von Stahl, als sie die Enterbeile, Entermesser und Piken ergriffen, die Balleine, der Bootsmannsmaat, an sie ausgab.

«Wir kollidieren Bug gegen Bug. «Bolitho hatte laut gesprochen, ohne es zu wissen.»Nicht viel Zeit. «Er zog seinen Degen und schwang ihn uber dem Kopf.»Backbordbatterie, her zu mir!»

Eine einzelne Kugel krachte durch eine offene Pforte und kopfte einen Seemann, der gerade herbeieilen wollte. Der kopflose Korper stand noch einen Augenblick lang stocksteif da, als uberlege er, was zu tun sei. Dann fiel er vornuber und war vergessen, als die Seeleute fluchend und Hurra rufend auf die Back sturmten und nichts anderes mehr sahen als die bereits uber ihnen aufragenden fremden Segel und die roten Flammen des Gewehrfeuers.

Bolitho starrte den ragenden Kluverbaum des Feindes an, der sich jetzt durch den Rauch bohrte und uber ihre Back schob, als konne nichts ihn aufhalten. Schon feuerten die ersten Franzosen von oben auf die Trojan herab oder schwangen ihre Waffen, wahrend unter ihnen ihre wildaugige Galionsfigur grimmig und drohend auf das Getummel herabblickte.

Mit einer heftigen Erschutterung krachten beide Schiffsrumpfe gegeneinander. Hauend, hackend und stechend schwarmten die Leute der Trojan aus, um die eindringenden Enterer zuruckzuschlagen, wahrend von achtern d'Esterres Soldaten ein wohlgezieltes, vernichtendes Feuer auf des Feindes Achterdeck legten.

Bolitho sprang uber einen gefallenen Seemann und schrie:»Hier kommen sie!»

Ein franzosischer Enterer versuchte, uber die Reling zu klettern, aber ein Schlag mit einem eisernen Belegnagel schleuderte ihn zur

Seite; fast gleichzeitig warf ihn ein Lanzensto? uber Bord zwischen die beiden Schiffe.

Bolitho sah sich plotzlich einem jungen Leutnant mit gezogenem Sabel gegenuber. Sein rechter Arm scho? hoch, die beiden Klingen kreisten trotz des wogenden Kampfes vorsichtig umeinander.

Der franzosische Offizier machte einen Ausfall, doch im nachsten Augenblick weiteten sich seine Augen vor Schreck, als Bolitho auswich und den gestreckten Arm des Gegners mit seinem Degen zur Seite schlug. Der Armel wurde aufgeschlitzt, und das Blut scho? heraus wie rote Farbe.

Einen Augenblick nur zogerte Bolitho, hieb dann aber mit voller Wucht auf den Halsansatz oberhalb des Schlusselbeins und sah den Mann sterben, noch bevor er uber Bord fiel und klatschend aufschlug.

Mehr Seeleute eilten ihm jetzt zu Hilfe, aber bei einer kurzen Blickwendung sah er Quinn noch an derselben Stelle stehen wie vorher, als sei er gelahmt.

Rauch wirbelte auf und hullte die kampfenden und keuchenden Manner ein. Bolitho stellte fest, da? der Wind auffrischte und die beiden Schiffe in ihrer furchterlichen Umklammerung jetzt rascher vorwarts trieb.

Eine weitere Gestalt blockierte ihm den Weg, wieder beherrschte der Klang von Stahl alles andere.

Scharf beobachtete er das Gesicht seines Gegners, parierte distanziert, gefuhllos jeden Schlag, erprobte seine Starke und erwartete jeden Augenblick den todlichen Stich in seinen Magen, wenn er das Gleichgewicht verlor.

Andere kampften neben ihm: Leutnant Raye von den Marineinfanteristen, Joby Scales, der Zimmermann, einen riesigen Hammer schwingend, Varlo, der Seemann, der in der Liebe enttauscht worden war, Dunwoody, der Mullerssohn, und naturlich Stockdale, dessen riesiges Entermesser einen furchterlichen Blutzoll forderte.

Etwas traf Bolitho am Kopf, er fuhlte Blut am Hals herabflie?en, aber der Schmerz half ihm, seine Wachsamkeit zu verdoppeln, die Bewegungen des Gegners wie unbeteiligt zu beobachten.

Ein sterbender Seemann fiel stohnend gegen seinen Gegner und lenkte ihn den Bruchteil einer Sekunde ab, aber es genugte. Bolitho sprang uber den gefallten Feind, die blutige Klinge hoch erhoben, wahrend er seine Leute um sich sammelte. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, da? seine Klinge durch Fleisch und Knochen gedrungen war, es war alles so schnell gegangen.

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