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Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 8


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Listen wurden noch einmal uberpruft, Namen aufgerufen, Manner auf ihre Platze geschickt. Fur eine Landratte hatte alles wie ein wildes Durcheinander ausgesehen: das viele Tauwerk, das sich an Deck schlangelte, die Manner auf den gro?en Rahen, welche die Segel, die uber Nacht durch unerwarteten Frost hartgefroren waren, losmachten.

Bolitho hatte den Kommandanten mehrmals an Deck kommen sehen. Er redete mit Palliser oder besprach etwas mit Gulliver, dem Obersteuermann. Falls er erregt war, so zeigte er es jedenfalls nicht, sondern marschierte in seiner festen Gangart uber das Achterdeck, als denke er an ganz etwas anderes als an sein Schiff.

Die Offiziere und Deckoffiziere hatten ihre schon etwas abgetragenen See-Uniformen angezogen, wogegen sich Bolitho und die meisten jungen Kadetten in ihren neuen Jacken mit den blitzenden Knopfen ganz fremd vorkamen.

Bolitho hatte mit der Post aus Falmouth zwei Briefe von seiner Mutter bekommen. Sie stand vor seinem geistigen Auge, wie er sie zuletzt gesehen hatte: zart und liebreizend,»eine Lady, die nie alt wird«, sagten einige Leute von ihr; das Madchen aus Schottland, das Kapitan James Bolitho seit ihrem ersten Zusammentreffen bezaubert hatte. Sie war eigentlich zu schwach, um die Last der Bewirtschaftung des gro?en Hauses und des Gutes allein zu tragen. Seit Richards alterer Bruder Hugh wieder an Bord einer Fregatte diente, weit weg auf See, nachdem er einige Zeit den Zollkutter Avenger in Falmouth gefuhrt hatte,[5] und so lange sein Vater noch nicht wieder zu Hause war, wurde ihr die Last doppelt schwer werden. Richards inzwischen erwachsene Schwester Felicity hatte ihr Elternhaus verlassen, um einen Armeeoffizier zu heiraten, wahrend auch die Jungste der Familie, Nancy, wohl bald ans Heiraten denken wurde.

Bolitho ging zur Laufbrucke, wo die Manner ihre Hangematten, die sie von unten heraufgebracht hatten, in die Finknetze verstauten. Arme Nancy, sie wurde Bolithos toten Freund sehr vermissen und mu?te nun ganz allein mit ihren enttauschten Hoffnungen fertig werden.

Jemand stand neben ihm: der Schiffsarzt, der zum Ufer blickte. Jedesmal, wenn sich Bolitho bisher mit dem rundlichen Doktor unterhalten hatte, war es ein Gewinn fur ihn gewesen. Bulkley war ein wunderliches Mitglied ihrer Gemeinschaft. Schiffsarzte waren — soweit

Bolitho bisher erfahren hatte — geringe Vertreter ihres Berufsstandes, meist nichts anderes als Schlachter; ihre blutige Kunst mit Messer und Sage wurde von den Seeleuten mehr gefurchtet als eine Breitseite des Gegners.

Aber Henry Bulkley war eine Ausnahme. Er hatte in London ein angenehmes Leben gefuhrt, hatte eine Praxis in einer vornehmen Gegend besessen und Patienten, die reich, aber auch anspruchsvoll waren.

Bulkley hatte es Bolitho in der Stille einer Nachtwache erklart:»Ich begann, die Tyrannei der Kranken zu hassen, die Selbstsucht von Leuten, die nur zufrieden sind, wenn man sie verwohnt. Ich bin zur See gegangen, um dem zu entkommen. Hier habe ich eine Aufgabe und brauche nicht Zeit an Leute zu vergeuden, die zu reich sind, um sich die Muhe zu machen, ihren Korper kennenzulernen. Hier bin ich genauso ein Spezialist wie Mr. Vallance, unser Oberstuckmeister, oder wie der Zimmermeister, und leiste den gleichen Dienst wie sie. Oder wie der arme Mr. Codd, der Zahl- und Proviantmeister, der sich uber jede zuruckgelegte Meile gramt und errechnet, wieviel Kase, Salzfleisch, Kerzen und Leinwand sie ihn gekostet hat. «Er hatte zufrieden gelachelt.»Und ich genie?e das Vergnugen, andere Lander zu sehen. Jetzt bin ich drei Jahre bei Kapitan Dumaresq, und es mogen noch zwei oder drei hinzukommen. Er selber ist naturlich niemals krank. Er wurde es einfach nicht erlauben, da? so etwas passiert.»

Bolitho sagte:»Es ist ein seltsames Gefuhl, so fortzusegeln zu einem Ziel, das nur der Kommandant und vielleicht zwei oder drei weitere Personen kennen. Wir haben keinen Krieg, aber trotzdem Gefechtsbereitschaft.»

Er sah den gro?en Menschen, der sich Stockdale nannte, mit den anderen Matrosen am Fu? des Gro?mastes antreten.

Der Arzt folgte seinem Blick.»Ich habe gehort, was an Land geschehen ist. Sie haben an ihm einen treuen Gefolgsmann. Mein Gott, ein Kerl wie ein Eichbaum! Ich glaube, Little mu? ihm ein Bein gestellt haben, um die Guinee zu gewinnen. «Er warf einen Blick auf Bolithos Profil.»Es sei denn, er wollte von vornherein mit Ihnen kommen — um vor irgend etwas zu fliehen wie die meisten von uns.»

Bolitho lachelte. Bulkley kannte nur die Halfte der Geschichte. Stockdale war fur Segelmanover dem Besanmast zugeteilt worden und fur den Gefechtsfall den Sechspfundern auf dem Achterdeck. So war es schriftlich festgelegt und mit Pallisers schwungvollem Namenszug gegengezeichnet worden. Aber irgendwie hatte es Stockdale geschafft, diese Dinge zu andern. Jetzt gehorte er zu Bolithos Division am Gro?mast und zu den Zwolfpfundern der Steuerbord-Batterie, die Bolithos Kommando unterstand.

Eines ihrer Beiboote naherte sich mit kraftigem Ruderschlag vom Ufer, alle anderen waren schon vor dem ersten Hahnenschrei in ihren Halterungen an Deck eingesetzt und festgelascht worden.

Das Beiboot war ihre letzte Verbindung mit dem Land und hatte Dumaresqs abschlie?ende Briefe und Berichte zum Kurier nach London gebracht. Am Ende wurden sie auf irgendeinem Schreibtisch in der Admiralitat landen, eine Notiz wurde dem Ersten Seelord zugehen, dort wurde ein Kreuzzeichen auf einer der gro?en Seekarten eingezeichnet werden: Ein kleines Schiff war mit versiegelten Befehlen in See gegangen. Nichts Neues, nur die Zeiten hatten sich geandert.

Palliser schlenderte zur Querreling, das Megaphon unter dem Arm; sein Blick kreiste wie der eines Raubvogels und spahte nach einem neuen Opfer aus.

Bolitho schaute am Gro?mast empor und konnte gerade noch den langen roten Wimpel hoch oben erkennen, der in einer Bo achtern auswehte. Nordwestwind. Dumaresq wurde ihn auch brauchen, um vom Ankerplatz freizukommen. Das war immer schwierig, aber jetzt — nach dreimonatiger Liegezeit — genugte es, da? ein unaufmerksamer Matrose oder Maat einen Befehl falsch weitergab, um ein stolzes Ablegen innerhalb von Minuten in ein Desaster zu verwandeln.

Palliser rief:»Alle Offiziere bitte nach achtern!«Es klang gereizt, er war sich der Bedeutung des Augenblicks offenbar bewu?t.

Bolitho trat zu Rhodes und Colpoys auf das Achterdeck, wahrend Steuermann und Schiffsarzt sich wie Eindringlinge im Hintergrund hielten.

Palliser sagte:»In einer halben Stunde lichten wir Anker. Gehen Sie auf Ihre Station und behalten Sie jeden Mann im Auge. Sagen Sie Ihren Bootsmannsmaaten, da? sie den Leuten Beine machen und jeden zur Bestrafung notieren sollen, der nicht richtig zufa?t. «Er warf Bo-litho einen merkwurdigen Blick zu.»Ich habe diesen Stockdale Ihnen zugeteilt. Mit ist selber nicht klar, warum, aber er meinte, da sei sein Platz. Sie mussen eine besondere Anziehungskraft haben, Mr. Bolitho, obwohl ich bei Gott nicht ahne, worin die bestehen sollte.»

Sie legten die Hand gru?end an ihre Hute und begaben sich auf ihre verschiedenen Stationen. Pallisers Stimme folgte ihnen, durch das Megaphon hohl und eindringlich:»Mr. Timbrell! Noch zehn Manner ans Ankerspill! Wo ist der verdammte Vorsanger?«Das Sprachrohr schwenkte herum wie die Peitsche eines Kutschers.»Zum Teufel, Mr. Rhodes, ich mochte den Anker noch heute kurzstag gehievt haben, nicht erst nachste Woche.»

Klink, klink, klink — das Spill drehte sich widerwillig, als die Manner sich kraftig in die Spillspaken warfen. Kopfschlage und aufgeschossene Buchten der Fallen und Schoten wurden von ihren Belegnageln gelost, und wahrend Offiziere und Kadetten in der bewegten Flut der an Deck aufgereihten Matrosen wie blau-wei?e Inseln wirkten, schien es, als erwache das Schiff selber zum Leben.

Bolitho warf einen Blick hinuber zum Land. Noch immer keine Sonne; ein leichter Regenschauer malte Krauselmuster aufs Wasser, die sich dem Schiff naherten. Die wartenden Manner zitterten vor Kalte und trampelten mit nackten Fu?en aufs Deck.

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siehe Kent. Strandwolfe

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