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Die Feuertaufe: Richard Bolitho - Fahnrich zur See - Kent Alexander - Страница 10


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«Was, zum Teufel, machen Sie da, Mister Bolitho?»

Aber er brach erschrocken ab, und als Bolitho seinem starren Blick folgte, sah er auch, warum. Hingestreckt in der Ecke lag ein Mann — oder was noch von ihm ubrig war. Er hatte mehrere furchterliche Hiebe mit einem Beil oder Entermesser uber den Kopf bekommen; auch in Brust und Flanken hatte er mehrere Wunden. In dem Strahl vom Oberfenster sah es aus, als habe er die Augen vor dem plotzlich blendenden Licht zusammengekniffen und starre Bolitho durch die Schlitze voller Entsetzen an.

«Allmachtiger Gott!«stie? Tergorren endlich hervor. Und als Bolitho immer noch starr und steif neben dem Leichnam stehenblieb, kommandierte er grob:»An Deck mit Ihnen!»

In dem blendenden Sonnenlicht kam es Bolitho erst vor, als zitterten ihm die Hande, doch als er auf sie heruntersah, waren sie so ruhig wie sonst.

Tergorren befahl:»Ubernehmen Sie das Ruder, Thorne! Und Sie, Mr. Dancer, gehen mit Ihren Mannern durch die Hauptluke und durchsuchen das Schiff! Ihr anderen fangt endlich an, diese verdammten Segel zu bergen!»

Er wandte sich um, als Dancer meldete:»Die Gorgon nimmt wieder Fahrt auf, Sir.»

«Ja. «In angestrengtem Nachdenken runzelte der Leutnant die Stirn.»Sie wird bis auf Rufweite herankommen. Bis dahin will ich einigerma?en Bescheid wissen, was hier los ist.»

Es war, als setze man ein zerrissenes Buch wieder zusammen. Dancers Untersuchung ergab, da? die Barkentine Spirituosen geladen hatte, hauptsachlich Rum; aber im Laderaum war nichts mehr, nur in den Ecken standen ein paar leere Fasser aufeinandergestapelt. Auf der Steuerbordreling des Achterdecks, und auch an der Kompa?bussole, fanden sie eingetrocknetes Blut, au?erdem Pulverschmauch von Pistolenschussen.

Der einsame Leichnam in der Kajute mu?te der Kapitan sein; vermutlich war er unter Deck geeilt, um sich zu bewaffnen oder Wertgegenstande zu retten oder auch blo?, um sich zu verstecken. Sicher war nur, da? er brutal ermordet worden war.

Bolitho horte, wie Tergorren zum Bootsmannsmaat sagte:»Mu? eine Meuterei gewesen sein die Schufte haben alle umgebracht, die nicht mitmachen wollten, und dann das Schiff aufgegeben. «Aber die beiden Boote der Schonerbark waren noch immer an Deck festgelascht.

Dann, als bereits die machtige Segelpyramide der Gorgon achteraus heranglitt, entdeckte Heather, einer von Dancers Mannern, etwas Neues. Kurz hinter dem Hauptladeraum hatte ein Gescho? die Schiffswand getroffen, und wenn der Rumpf in ein tieferes Wellental eintauchte, konnte man es noch in der Beplankung stecken sehen. Bolitho beugte sich uber die Wanten hinaus und sah den schwarzen, scharfzackigen Fleck wie ein boses Auge glanzen.

Bedachtig sagte Tergorren:»Mu? wohl ein Pirat oder so gewesen sein. Als die Barkentine nicht beidrehen wollte, hat er ihr einen Schu? verpa?t und sie dann geentert. «Er zahlte die einzelnen Punkte an seinen spatenformigen Fingern ab.»Zweitens die Mannschaft abgeschlachtet und uber Bord geworfen. Haifische gibt's hier ja genug. Drittens die Ladung ubernommen, und viertens wieder abgelegt.»

Nervos wandte er sich um, als Dancer fragte:»Aber warum haben sie das Schiff nicht selbst ubernommen, Sir?»

«Darauf wollte ich gerade kommen«, sagte er argerlich. Er gab jedoch keine weiteren Erklarungen. Statt dessen legte er die Hande an den Mund und begann, seine Meldungen zur Gorgon hinuberzurufen.

Uber den schmalen Streifen Wasser horte Bolitho Verlings Antwort, die er durchs Sprachrohr gab:»Suchen Sie weiter, und bleiben Sie in Lee.»

Damit wollte er wahrscheinlich Zeit gewinnen, um sich in Seehandbuchern und Schiffsregistern uber die Schiffahrt in diesen Gewassern zu informieren. Die Athen war offensichtlich kein neues Schiff und mu?te im westindischen Rumhandel bekannt sein.

Bolitho erschauerte bei der Vorstellung, er konne plotzlich, allein auf sich gestellt, einem Angriff blutdurstiger, schwer-bewaffneter Enterer ausgesetzt sein.

«Wir gehen wieder achtern unter Deck!«befahl Tergorren kurz. Er schritt zum Niedergang; Bolitho folgte ihm.

Obwohl er darauf vorbereitet war, erschutterte ihn der Anblick ebenso wie beim erstenmal. Er versuchte, dem Toten nicht ins Gesicht zu sehen, als Tergorren nach kurzem Zogern dessen Taschen zu durchsuchen begann. Logbuch und Seekarten der Athen waren nicht mehr da, wahrscheinlich hatten die Piraten sie uber Bord geworfen; aber in einer Ecke der durchwuhlten Kajute, fast unter der Koje verborgen, fand Tergorren einen leinenen Briefumschlag. Er war leer, doch der Name des Schiffsagenten in Martinique war deutlich lesbar aufgedruckt. Besser als nichts.

Der Leutnant stellte einen umgeworfenen Stuhl wieder auf und setzte sich gewichtig hin, und noch im Sitzen streifte sein Kopf beinahe die Decksbalken. So blieb er einige Minuten und starrte auf den Leichnam. Das Nachdenken mu?te ihn anstrengen; seine Miene war finsterer als je.

«Ich glaube, Sir«, sagte Bolitho,»es mu? noch ein drittes Schiff dagewesen sein. Die Angreifer oder Piraten mussen seine Segel gesichtet haben und dann geflohen sein, weil sie wu?ten, da? man sich zunachst fur dieses Schiff hier interessieren wurde.»

Einen Augenblick lang dachte er, Tergorren hatte ihn uberhaupt nicht gehort.

Dann aber sagte der Leutnant ganz sanft:»Wenn ich Ihre Hilfe brauche, Mr. Bolitho, werde ich Sie darum ersuchen. «Er blickte auf; seine Augen lagen im Schatten.»Sie mogen der Sohn eines Fregattenkapitans sein und der Enkel eines Konteradmirals, aber fur mich sind Sie ein Midshipman — das hei?t, weniger als nichts.»

«Ich — ich bitte um Entschuldigung, Sir. Ich wollte Sie nicht beleidigen.»

«O ja, ich kenne Ihre Familie. «Tergorrens Atem ging schwer vor Erregung und unterdruckter Wut.»Ich habe Ihr feines Haus gesehen, und die Grabplatten an der Kirchenwand! Also, ich hatte keinen reichen Vater im Hintergrund, der mir half, und bei Gott, ich werde dafur sorgen, da? Sie an Bord keine Extrawurst gebraten kriegen, verstanden?«Er wandte sich ab und dampfte seine Stimme, was ihn offensichtlich Anstrengung kostete.»Jetzt lassen Sie jemanden eine Leine herunterwerfen und den Leichnam an Deck hieven. Dann lassen Sie die Kajute aufklaren — hier stinkt's wie unterm Galgen!»

Er fa?te ans Stuhlbein. Getrocknetes Blut klebte daran, schwarzlich in dem einfallenden Sonnenlicht.

«Wahrscheinlich gestern«, murmelte er vor sich hin,»sonst waren die Ratten schon hiergewesen. «Dann knallte er sich seinen salzfleckigen Dreispitz auf den Kopf und stapfte aus der Kajute.

Nachher, als Bolitho und Dancer am Schanzkleid standen und dem Leutnant nachblickten, der sich zur Gorgon hinuberrudern lie?, um Meldung zu erstatten, erzahlte Bolitho seinem Freund etwas von dem, was sich zwischen ihm und Tergorren abgespielt hatte. Dancer sah ihn bedauernd an.»Ich wette, er wird deine Idee dem Kapitan als seine eigene unterschieben, Dick. Das sahe ihm ahnlich.»

Bolitho fa?te seinen Freund am Arm. Tergorrens letzte Anweisungen, bevor er ins Boot gegangen war, fielen ihm ein:»Halten Sie das Schiff steuerfahig bis auf weitere Order, und schicken Sie einen guten Mann in den Ausguck!«Und dann hatte er, mit einer Geste zu dem Leichnam hin der beim Ruder lag, noch gesagt:»Und werfen Sie das uber Bord! Vermutlich wird der eine oder andere von euch ebenso enden.»

Spater blickte Bolitho auf die leere Stelle, wo der Unbekannte gelegen hatte. Fuhllos und leblos.

«Ich habe noch mehr Ideen«, sagte er und lachelte dabei, um seinen Arger zu vergessen.»Wenigstens wei? ich jetzt, warum er mich nicht leiden kann.»

Dancer hatte seine eigenen Gedanken.»Wei?t du noch — der arme Invalide im Blue Post's Inn?«Er machte eine Handbewegung uber die paar Manner an Deck hin.»Er hat gesagt, wir wurden beide Kapitane werden — und, bei Gott, nun haben wir schon ein eigenes Schiff.»

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